Unter der Überschrift "Das Hezr ist noch hungrig" und "Der Boss spricht wieder ein musikalisches Machtwort" Guckst (liest) Du hier doppelspaltig mit Bild:
The Boss is back: Bruce Springsteen
Es ist was Grundsätzliches: Eines Tages muss man sich für oder gegen ihn entscheiden. Das ist so bei den ganz Großen - und Bruce Springsteen, dessen neues Album "Magic" morgen erscheint, ist einer von ihnen. Man liebt ihn. Oder man schüttelt den Kopf. Ein diffuses Dazwischen kommt selten vor.
Die Gegenposition einzunehmen, ist nicht sonderlich schwer: Springsteen gegenüber in ironischen Sicherheitsabstand zu gehen und seine Alben als unelegante Neandertal-Singspiele abzutun, ist ein verständlicher Reflex. Auch die Pose vieler hiesiger Springsteen-Fans - eine Art kritischer Amerikanismus, dessen Freiheitsbegriff sich in sonntäglichen Motorradaus-flügen erschöpft - darf man, wenn es nichts Wichtigeres zu tun gibt, belächeln. Aber eines ist kaum zu leugnen: Dass man in den Songs des 58-Jährigen ein Herz schlagen hört. Man kann es durchaus ein hungriges Herz nennen.
Doch selbst wenn man sich auf der Seite der Springsteen-Hasser mit all ihren Vorurteilen gut eingerichtet hat: Es ist nie zu spät, sich dem romantischen Städtemaler und Arbeiterhelden zu nähern. Wenn man Springsteen begreifen will, wenn man ihn über seine Musik verstehen möchte, dann ist der Schlüsselsong nicht etwa "Born To Run", sein großes Signatur-Stück. Es ist auch nicht "The River", die tränentiefe Liebesgeschichte. Der Schlüssel zum Verständnis Bruce Springsteens liegt im Refrain von "Hungry Heart", dem jovialen Mitwipper aus dem Jahr 1980, den er ursprünglich für die Ramones komponierte.'
Das Entscheidende im Re-frain ("Everybody's got a hungry heart") ist nicht das "hungry heart", sondern das "everybody". Springsteen entledigt hier den Rock von üblicher Abgrenzung. Es geht nicht mehr um ein Anderssein; es geht darum, dass jeder die gleichen Sehnsüchte hat. Und in diesem großen mitklatschenden Dorf ist Springsteen gerne Bürgermeister. Im selben Song billigt er jedem zu - vollkommen anti-aufrührerisch -, einen Platz der Ruhe und ein Zuhause zu reklamieren. Ein ziemlich radikales Statement im Rock'n'Roll. Zumindest kann man das so sehen.
Auch auf "Magic" bietet Springsteen seinen Fans ein solches Zuhause, vor allem, da mal wieder die gesamte E-Street-Band hinter seinen breiten Schultern musiziert. Das war zuletzt vor fünf Jahren auf "The Rising" der Fall. Auf "Magic" jedoch spielen Springsteen und Band deutlich befreiter auf, was daran liegen mag, dass "The Rising" unter dem Eindruck des 11. September entstand. "Magic" dagegen ist so frisch wie Springsteen zuletzt auch auf Fotos aussieht - seltsamerweise nicht auf dem Cover, da wirkt er eher wie Schlagersänger Engelbert, den man nach durchzechter Nacht orientierungslos auf der Straße aufgegriffen hat... (Text: Eric Pfeil)
Weiter heißt es dort:
Auch auf „MAGIC“ bietet Springsteen seinen Fans ein solches Zuhause, vor allem, da mal wieder die gesamte E-Street-Band hinter seinen breiten Schultern musiziert. Das war zuletzt vor 5 Jahren auf „The Rising“ der Fall.
Auf „MAGIC“ jedoch spielen Springsteen und Band deutlich befreiter auf, was daran liegen mag, dass „The Rising“ unter dem Eindruck des 11.September entstand. „MAGIC“ dagegen ist so frisch wie Springsteen zuletzt auch auf Fotos aussieht. Seltsamerweise nicht auf dem Cover, da wirkt er eher wie Schlagersänger Engelbert, den man durchzechter Nacht orientierungslos auf der Straße aufgegriffen hat.
Man kann die im Auftaktsong „Radio Nowhere“ verbreitete Pose nervig finden, aber diese nach Echtheit lechzende Naivität ist ergreifend: „Just searchin` for a world with some soul“ singt Bruce. Und seine E-Street-Band spielt dazu knödelnden Schwitzrock, der so euphorisch ist, dass man bereit wäre, seine ästhetischen Raster noch mal grundsetzlich zu überdenken.
Nein, neu ist das nicht. Aber unverkennbar. Auch in den folgenden 10 Songs übt sich der Mann, den sie „Boss“ nennen, in der Kunst der charismatischen Rock`n Roll-Deklination. Von zwei Songs abgesehen – dem überragenden „Devil`s Arcade“ und Your own worst enemy“ – klingt Springsteen hier zwar oft wie sein eigener Hausverwalter. Aber Hauptsache, es überhaupt jemand da, der aufmacht, wenn geklopft wird.
Die Wut über den Irak-Krieg in „Last to die“ wiederum kann nur jemand als Pflichterfüllung am Publikum begreifen, der Springsteen, dem konservativen Aufmucker, noch nie geglaubt hat. „MAGIC“ ist Rockmusik so breit wie ein amerikanischer Highway, gesehen durch die Weitwinkellinse eines Roadmovie-Filmers. Und immer nooch mit Hunger im Herzen.
ep
Der Boss live:
13.12. in der Kölnarena - restlos ausverkauft!
Die neue Springsteen-CD "Magic" erscheint 28.9.
_________________ Sitting on comfortable seats
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