Als ich las das Sting nahc den Orchestershows 2010/11 schon wieder nach Deutschland, aber diesmal mit "normaler Band" kommt dachte ich "ja ok mal schauen". Als ich dann aber ein Video von der jetzigen Tour sah und Vinnie Colaiuta am Drumkit aufspielen sah war mir eher klar "da muss was gehen". Es war zwar ausverkauft aber ich hab noch 3 Tickets erstehen können (zwei für meine Eltern und eins für mich).
Zu Vinnie Colaiuta muss ich sagen das ich ihn 2000 fast zum ersten Mal auf dem Drums & Sounds Festival in Konblenz gesehen hätte, an einem Osersonntag. Da war er der letzte des Abends. Mein Vater wollte damals (warum auch immer, denn am Tag drauf war Ostermontag) halt früher heimfahren. So hab ich ihn damals verpasst, kannte aber auch nicht so viel von ihm. Über die Jahre hat sich das geändert und seit ich Anfang Februar die Tickets besaß habe ich mich auch mit verschiedenen Aufnahmen von ihm beschäftigt.
Unsere Sitzplätze waren ein paar Reihen voneinander entfernt (hatte ein Ticket und dann zwei Tickets separet gekauft als meine Eltern doch mitwollten) und so warteten wir gespannt auf den Beginn von 20 Uhr ab.
Zuvor noch ein Wort zur Setlist, gerade weil Sting dieses mal in kleinen Hallen spielt hat er wohl ein paar Hits gestrichen und den Fokus mehr auf "Sacred Love", "Mercury Falling" und "Ten Summoner's Tales" gelegt. Die letzten beiden passten auch da von der damaligen Band (Sting, Colaiuta, Miller, Sancious) nur Dave Sancious fehlte. Das Konzert letztes Jahr in Mannheim war deutlich Hitlastiger, dieses Mal fehlten nicht nur Sachen wie "When We Dance", "Russians", "King Of Pain" oder "Shape Of My Heart" (das Fehlen davon alleine war es schon wert hinzugehen finde ich, kann mit dem Song nichts anfangen), nein Sting verzichtete sogar auf "Roxanne", "Englishman In New York" und "Fragile".
Nun aber zum Konzert selbst. Die Band betrat die Bühne und man spielte das Intro von "All This Time" (von den Hits einer meiner Lieblinge) während Sting dazustoß. Der Sound war perfekt und es konnte losgehen. Dies sollte der einzige Song von "The Soul Cages" bleiben, aber es passte perfekt an den Anfang. Schon hier war es schwer NICHT auf Vinnie Colaiuta zu schauen denn der spielte sehr musikalisch, damit meine ich nicht einen normalen Beat sondern er schmückte immer mal etwas mit kleinen Breaks aus. Aber immer wieder fand ich es toll anzuschauen das Sting endlich wieder an der Bassgitarre zu sehen war, denn für mich gehört er dort hin. Seine Stimme ist immer noch super und ein kleines "Wie gehts Frankfurt?" kam auch im Song.
Danach begrüßte er uns und Stellte seine Band auf deutsch vor:
"Guten Abend meine Damen und Herren, I gonna speak german tonight so please forgive me. Ich bin froh heute Abend in Frankfurt zu sein. Ich möchte Ihnen meine Band vorstellen. An der Gitarre Herr Dominik Miller, auf deutsch Herr Dominik Müller, Dominik ist meine rechte Hand seit 22 Jahren, nur um sicherzugehen habe ich daher seinen Sohn eingestellt, Herr Rufus Miller" (ebenfalls Gitarre), "aus meiner Heimatstadt Herr Peter Tickell" (Violine), "aus Südaustralien die liebliche Joe Lawry" (Gesang, Violine), "am Schlagzeug der berühmte Vinnie Colaiuta". Alle kommenden Ansagen des Abends werden von Sting auch auf deutsch getätigt, generel ist die Qualität eines Konzertes nicht entscheidend ob der Künstler viel mit seinem Publikum spricht, aber ich kenne viele die bei Sting waren und nur sagen "der hat aber nix gesagt und nur seine Lieder runtergespielt". Denen sei die Absage erteilt denn auch wenn Sting seine Lieder auch heute lebte gab es viele Ansagen. (Diese habe ich anhand eines schon vorhandenen Bootlegs dazugeschrieben, das meiste ist verständlich und somit auch ein Zusatz für den Songinhalt zu erfahren)
Weiter ging es mit dem ersten von insgesamt 6 Police Songs, mit "Every Little Thing She Does Is Magic" eingezählt auf deutsch, wie auch andere Titel. Die Orchesterversion die er letztes Jahr auch noch als Opening gespielt hat war nicht wirklich meine, hier war es anders, es schepperte wieder und machte Laune.
Eines der zahlreichen musikalischen Highlights folgte für mich mit "Seven Days", und zwar weil Vinnie Colaiuta so klasse diesen 5/4 Takt spielt das ich mich garnicht traute einen anderen Musiker anzuschauen denn sofort folgte wieder ein Part wo ich dachte "was war denn das?". Am Anfang stoppte man immer wieder bevor Sting anfing zu singen, derart präzise habe ich sowas selten gehört. Was mir dann aber wirklich die Schuhe auszog war der Teil in dem der Text von "Every Little Thing She Does Is Magic" ("It's a big enough umbrella") zitiert wird, passenderweiße spielte man die Songs dann auch hintereinander. Ich hab mit offenem Mund da gesehen und geschaut was Vinnie da gespielt hat immer wieder denkend "was schafft der Kerl da bloß?". Er rollte vom Splash auf die Toms und anderen Becken in einem Tempo das es mir schwindlich wurde.
Schnell ging es dann mit "Demolition Man" weiter. Die Geigen übernahmen die Bläserparts der Studioversion. Auch 2008 in Düsseldort kam es bei Police ähnlich brachial rüber, das waren 5 Minuten pure Energie.
"I Hung My Head" war dann wieder Sting solo vom 1996er "Mercury Falling" Album im 9/8 Takt. Auf der Orchestertour wieder entdeckt (und auch in einer geglückten Version präsentiert) gab es hier eine tolle Fullband Version zu hören bei der die Geigen die Melodie im Hintergrund übernahmen.
"Und nun ein trauriges Lied mit einem guten Ende"
Es folgte noch mit "I'm So Happy I Can't Stop Crying" noch etwas von "Mercury Falling". Hier hat Stings Band gezeigt das sie auch Country wirklich toll rüberbringen kann, es klang sehr entspannt und lässig.
"Das nächste Lied handelt von einem Autodieb, alles klar? Der ebenfalls ein Medium. Er stehlt das Auto und füllt die Presenz des Besitzers. Das Auto ist sehr teuer, Merzedes, und der Besitzer arbeitet als ein großer Buisnessmann. Er hat eine wunderschöne Frau, zwei toller Kinder und hat eine Affäre, ein CHAOS".
Mit "Stolen Car (Take Me Dancing)" gab es nun das erste von insgesamt vier Liedern von "Sacred Love", dem bisheute letzten Studioalbum mit komplett neuen Songs. Hier konnte vor allem Joe Lawry glänzen und die ganze Band legte einen funky Groove darunter.
"Driven To Tears" war immer ein Favorit von mir und so hat es mich gefreut ihn wieder im Set zu sehen. Inklusive eines tollen Geigensolos von Peter Tickell ging es wie schon in "Demolition Man" wieder sehr nach vorne. Beide Songs hat Vinnie standesgemäß mit dem Stewart Copeland Introbreak (8 harte Schläge auf die Snare) eingeleitet.
Der einzige Song vom "The Dream Of The Blue Turtles" Debüt Album sollte "Fortress Around Your Heart" werden, was mich auch sehr freute denn das ist wohl mein Favorit davon. Es klang ein bisschen seltsam da man die Tonhöhe heruntergesetzt hatte aber trotzdem ein toller Moment des Abends.
"In England wohne ich auf dem Land in einem kleinen charmanten Haus. Nein, ist nicht wahr. Es ist ein riesen Schloss. Hinter dem Haus wachsen viele Hopfen. Wie ein goldenes Meer sieht es aus. Eines Tages wanderte ich dadurch und habe gedacht das ich dort ein Lied finden werde."
Die Orchesterversion von "Fields Of Gold" konnte mich nicht so begeistern, doch diese hier hat mich wieder mit dem Song versöhnt. Es wurde ein bisschen schneller als das Original gespielt aber groovte toll und Stings Phrasierungen waren diesmal auch besser als mit dem Orchester. Im Gegensatz zum Original spielte nich Dominik Miller das Solo sondern sein Sohn Rufus, hatte etwas für sich.
Der zweite Teil des Hauptsets sollte nun spannend werden denn hier gab es keine Police Songs und auch keine kommerziel erfolgreichen Stücke zu hören, falls Leute da waren die auf große Hits warteten war es von da an eine Geduldsprobe, für Fans war es (wenn es nicht schon bis hierher der Fall war) ein Fest.
"Ich bin schon immer neugierig gewesen warum sich Sex und Kirche nicht gut vertragen. In meinem Lied verstehen sie sich sehr gut."
Wieder ein cooler und lässiger Groove für "Sacred Love". Mit dem Song und dem Album bin ich nie so warm geworden, aber durch das Konzert werde ich mich nochmals damit befassen.
Auch wenn die Temperaturen wieder aus dem Keller aufgestiegen sind konnte man mit "Ghost Story" nochmals diese Zeit reflektieren.
"Wenn ich 'Heavy Cloud' sage antwortet ihr (Publikum 'No Rain!') "
Mit "Heavy Cloud No Rain" ging es es dann auch funkig weiter.
"Das Spiel der Liebe ist gefährlich und unberechenbar, alles klar? Wenn man gewinnt ist es wie das Paradies. Wenn man verliert (inklusive Verbesserung und Neuanfang
) ist es ein INFERNO. Doch manchmal muss man das Risiko eingehen."
Jetzt war also der Opener von "Sacred Love", "Inside", an der Reihe und auch dieser Song entfaltete sich mit dieser Band prächtig. Am Ende sangen Sting und Joe Lawry lange zusammen. Der Clou daran sind Stings Phrasierungen die ja auch so nicht immer der Norm entsprechen, vor allem wenn er viel Text in wenig Zeilen singt. Das er und Joe Lawry hier haargenau die Silben gleich singen ist schon eine Leistung, die Band gab dem noch ihren Pfeffer dazu.
"Das folgende Lied wurde von zwei Filmen inspiriert. Der erste Film heißt 'Die Glorreichen Sieben' und Rotbarts 'Sieben Frauen'. Das Lied heißt 'Lieder ist Stärker und ...?", (Zwischenruf), Exactly, 'Love Is Stronger Than Justice'! Why Didn't I Think Of That?"
"Love Is Stronger Than Justice (The Munificent Seven)" ist dann nach "Seven Days" und "I Hung My Head" das dritte Stück im ungeraden Takt, dieses mal ein 7/8 im Wechsel mit 4/4 und wieder brilliantem Kombispiel von Vinnie. Am Ende jammte man ausgiebig und auch Peter Tickell durfte an der Geige wieder glänzen.
Ein langer immer werdender Snarewirbel von Vinnie ("Bring It On Vinnie!" rief Sting ihm zu) leitete "The Hounds Of Winter" was ich zuvor nie so mir angehört hatte. Die Version hat ihren Teil daran das dem nicht mehr so ist. Sängerin Joe Lawry konnte ein paar tolle Gesangslinien improvieren und auch hier war nochmal die Melancholie des Winters ein Thema.
"In England werden Füchse mit Hunden gesagt, was grausam ist. Dieses Lied handelt von zwei Füchsen, einem Männchen und einem Weibchen, von ihrer Liebe, ihrem Leben und dem Tod. Es heißt 'Das Ende der Jagd', 'The End Of The Game' "
Auf "Brand New Day" ist nur das "Prelude To The End Of The Game", das Stück selbst war eine B-Seite, leider. Ich denke da es wieder ein Song im ungeraden Takt ist und eher auf die Alben davor gepasst hätte lies Sting es weg. Wie "I Hung My Head" hatte man es auf der Orchestertour entdeckt und auch hier eine energische Bandversion auf die Bühne gezaubert mit tollem Backgroundgesang und starker musikalischer Leistung von allen.
Der letzte Song des Hauptsets war das schon vierte "Sacred Love" Stück "Never Coming Home". Es kam mir vor wie eine Kreuzung des jahrelangen Closermedleys "Bring On The Night/When The World Is Running Down" und "Desert Rose", keine Ahnung warum mir das in den Sinn kam. Es gab auf jeden Fall nochmals tolle instrumentale Momente bevor mit einem plötzlichen Stopp die Band die Bühne verließ.
Schnell kamen sie aber wieder zurück um Stings wohl bislang letzten großen Hit "Desert Rose" zu spielen, wie in Mannheim flippten die Leute nun aus. Bei dem Song hatte man im Hintergrund zum einzigen Mal eine Drummachine mit einem Percussionloop mitlaufen was das ganze noch verstärkte.
Mit ""Every Breath You Take" bekamen nun viele wieder Erinnerungen ihrer Jugendzeit aufgetischt. Für mich klang es sehr frisch, man spielte es auch eher einen Tick nach vorne. Nochmals stellte Sting die Band vor und wiederholte das Ende wie schon auf den Tourneen zuvor. Wieder verließ man die Bühne um ebenso schnell wieder zurückzukommen.
Nocheinmal gab es die brachiale Energie der frühen Police mit "Next To You" zu spüren. Die Version hat mir sogar besser gefallen als die der 07/08er Tour, am Ende wenn Sting das "Next To You" als Shuffle andeutet wechselte man in einen Shufflerhythmus um damit kurz zu jammen und dann den Song standesgemäß zu beenden. Alle verbeugten sich und nach kurzer Zeit kam Sting alleine zurück.
Wie im Vorjahr ab es die Soloakustik-Variante von "Message In A Bottle". Nach diesen 2 Stunden war das ein netter und entspannter Abschluss zum runterkommen, gleichzeitig nocheinmal lässig mitzumachen. Stings Version ist ruhig aber trotzdem zum mitsingen angelegt. Danach verließ er die Bühne und die Show war aus.
Wenn die Show das Ziel hatte Stings 25 jähriges Jubiläum als Solokünstler zu küren, dann ging es nur teilweise auf da der Fokus doch zu sehr auf den "neueren" Alben lag, aber das ist keine Kritik. Sting hat für mich mit den Orchestershows sein 25 Jähriges genug zelebriert, es gab zwar hier auch nichts neues aber es war eine tolle Auswahl an Songs für die Fans und weniger für die Masse. Die Band war runtergeschraubt worden, der Kern von Stings bester Band (die 90er Besetzung) war dabei und eben mit Joe Lawry und Peter Tickell zwei die in den letzten Jahren an Stings Seite waren. Es gab keine großen visuellen Sachen, auf die Bühne fertig los, vom ersten bis zum letzten Abend war das pure Energie und pure Musikalität allerhöchster Klasse und auch mit einer Präzission die man sehr selten findet. Hut ab!
Hier nochmal die Setlist komplett:
All This Time
Every Little Thing She Does Is Magic
Seven Days
Demolition Man
I Hung My Head
I'm So Happy I Can't Stop Crying
Stolen Car
Driven To Tears
Fortress Around Your Heart
Fields Of Gold
Sacred Love
Ghost Story
Heavy Cloud No Rain
Inside
Love Is Stronger Than Justice (The Munificent Seven)
The Hounds Of Winter
The End Of The Game
Never Coming Home
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Desert Rose
Every Breath You Take
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Next To You
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Message In A Bottle