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Dienstag 14. Juni 2005, 12:14 Uhr
(Feature) Lagerfeuerromantik vom «Boss» - Rocklegende Bruce Springsteen startet in München seine Deutschlandtour - Solo mit leisen T&
München (ddp). Das Feuerzeug hat ausgedient, heute leuchten Hunderte Fotohandys in den emporgereckten Händen der Konzertbesucher. Zum Auftakt der Deutschlandtour von Rocklegende Bruce Springsteen in München hätte ein flackerndes Lichtermeer allerdings besser gepasst als das bläuliche Hightechflimmern. Denn mit seinem stimmungsvollen Akustik-Set verbreitete der «Boss» am Montagabend in der komplett bestuhlten Olympiahalle vor mehreren tausend Fans jede Menge Lagerfeuerromantik.
Erstmals seit seiner «Ghost of Tom Joad»-Konzertserie 1996/97 verzichtet der Sänger bei der aktuellen Tour auf die Begleitung der E-Street Band. Ganz allein bestritt ein gut aufgelegter und scherzender Springsteen das knapp zweieinhalbstündige Konzert in München, abwechselnd nur mit Gitarre und Mundharmonika, am Flügel oder an einem alten Harmonium.
Zu einem solchen Auftritt gehört nicht nur musikalische Klasse, sondern auch eine Menge Mut. Denn der 55-Jährige schlängelte sich auf Seitenpfaden durch sein Repertoire aus den vergangenen mehr als 30 Jahren. Von den ganz großen Hits bekamen die Fans nur eine ungewöhnliche Version von «The River» mit Klavierbegleitung zu hören. Songs wie «Born in the USA», «Streets Of Philadelphia», «Hungry Heart», «Born To Run» und «Glory Days» fehlten. Stattdessen gab es eine Reihe ruhiger und nachdenklicher Songgeschichten aus unterschiedlichen Schaffensperioden des US-Amerikaners, darunter gleich neun Stücke vom neuen Album «Devils & Dust».
Springsteen bemühte sich, auch in der großen und atmosphärisch kühlen Olympiahalle die Stimmung eines intimen Klubkonzerts aufkommen zu lassen. Die in warmes Licht getauchte Bühne strahlte Wohnzimmeratmosphäre aus, auch bedingt durch Details wie Kronleuchter. Und der «Boss» bemühte sich von Anfang an um einen unmittelbaren Kontakt zum Publikum, indem er einleitend ein paar Sätze auf Deutsch sagte. «Heute Nacht brauche ich viel Ruhe, um Euch mein Bestes zu geben», gab er die Marschroute des Abends vor.
Fast das ganze Konzert über sorgte Springsteen mit geschlossenen Augen für Gänsehaut bei den Fans. Von den ruhigen Liedern begeisterten insbesondere «Long Time Comin'» vom neuen Album und das sehr intensive «Point Blank» von der Erfolgsplatte «The River». Dazwischen dann zur Auflockerung immer wieder ein schnellerer Song: Und Springsteen schaffte es mit «Lucky Town» sowie insbesondere den neuen Stücken «Maria's Bed» und «Leah» auch allein, eine ganze Halle zum Klatschen, Singen und Tanzen zu bringen. Nur hin und wieder wurde der Musiker mit ein paar Keyboardklängen aus den Boxen unterstützt.
Pünktlich zur ersten Zugabe stürmten dann Hunderte Fans aus der ganzen Halle direkt vor die Bühne, um zumindest zum Schluss des Konzerts ihrem Idol nahe zu sein. Nach einer augenzwinkernden kurzen Reminiszenz an die deutsche Folklore auf der Mundharmonika erreichte die Stimmung beim mitreißenden «Ramrod» ihren Höhepunkt. Mitten im Song griff sich der Sänger aus den ersten Reihen im Publikum ein Handy und schmetterte für einen weit entfernten Fan eine Strophe a cappella ins Mobiltelefon.
Zum Ausklang wurde es dann wieder ruhig. Wie beim ersten Lied des Abends setzte sich Springsteen auch beim 25. und letzten ans Harmonium und verabschiedete sich mit einer suggestiven Version des Suicide-Stücks «Dream Baby Dream» von seinen Fans. Die letzten Zeilen wirkten dabei wie das Programm des Abends: «I just wanna see you smile / Come on, dream baby dream.»
ddp/pje/muc