Monaco Transe im Weltraum: Kinoklamauk von Michael Herbig
Bevor er seinen Film der Presse zeigte, trat der Regisseur vor die Kritiker, machte ein paar Witze und sprach dann seine beiden Wünsche aus. Erstens möge man doch schreiben, was man wolle; aber bitte keinen Verriß. Und zweitens möge man, aus Rücksicht auf die Spannung, nicht allzuviel vom Plot verraten.
Nach der Vorführung fragten sich die Kritiker, wovon der Regisseur wohl gesprochen habe - sie hatten nichts gesehen, was einem Plot oder einer Spannung auch nur von ferne ähnlich sah. Und was die Verrisse angeht: Wie, um Himmels willen, soll man denn so etwas verreißen, dieses Ding, das den seltsamen Namen "(T)Raumschiff Surprise - Periode 1" trägt und von dem noch nicht einmal klar ist, ob es ein Film ist oder überhaupt einer sein will.
Wie viele Lacher gibt es fürs Geld?
Michael, genannt "Bully", Herbig weiß das natürlich, und offensichtlich macht es ihm Vergnügen. Sein Film ist, was die Amerikaner "critic proof" nennen würden - man findet beim besten Willen keine Maßstäbe, von welchen man aufs Scheitern oder Gelingen schließen könnte. Was zählt, ist die Frage: Wie viele Lacher gibt es fürs Geld? Und wer antwortet: Es dürfen ruhig ein paar mehr sein, setzt sich zwangsläufig dem Verdacht aus, daß er bloß ein Nörgler und ein Besserwisser sei.
Nicht, daß sich Herbig um die Urteile von Filmkritikern überhaupt kümmern müßte. Sein "Schuh des Manitu" wurde, als er in die Kinos kam, überhaupt nicht besprochen. Und als er dann eine Million nach der anderen einspielte, war das vor allem ein Thema für den Wirtschaftsteil: Herbig rettete die Bilanzen der ganzen Branche. Wenn er also jetzt, nachdem er jeder Zeitung ein Interview gegeben hat, in jeder Talkshow zu Gast und in jeder Illustrierten ein Thema war, wenn Herbig jetzt darum bittet, von Verrissen abzusehen, dann muß man das wohl als Ironie deuten - als Ironie in der Variante, wie sie unter Münchner Vorstadtstrizzis üblich ist: "Versucht's es halt mal, einen Verriß zu schreiben. Dann werdet's schon sehen, wie weit ihr damit kommt!"
Lustig ist es schon
Ganz egal, wie weit man kommen will - anfangen muß man auf jeden Fall in der Münchner Vorstadt, in jenen Gegenden, wo es noch kleine Bühnen gibt, deren Publikum es tatsächlich komisch findet, wenn drei offenbar heterosexuelle Männer sich lustige Kostüme anziehen, sich darin weibisch bewegen und dazu ein affektiertes Münchnerisch sprechen, wie es außer Rudolph Moshammer nur noch die Friseure in den abgelegeneren Stadtvierteln (der Monaco-Franze würde schätzen: Mittersendling, Waldfriedhof, Großhadern) tun.
Und auch wenn das mit dem, was man sonst in Spielfilmen geboten bekommt, nicht viel gemeinsam hat: Lustig ist es schon, wenn Michael Herbig und seine Kollegen in den Strampelanzügen des Raumschiffs "Enterprise" stecken, einander "Blöde Kuh!" schimpfen oder über Hautprobleme diskutieren - schon weil der Gegenstand ihres Spotts nicht die Homosexuellen sind. Er ist vielmehr jene Inszenierung von Männlichkeit, die in diesem Film besonders drastisch von Til Schweiger verkörpert wird, der anfangs noch, mit vorgestrecktem Kinn und dekorativen Schweißtropfen auf der Stirn, den Macho geben darf. Wenn der Film zu Ende geht, trägt er ein rosafarbenes Kostüm, das ihm eine der drei Tucken selbst genäht hat, und macht auch sonst den Eindruck eines Mannes, von dessen Testosteronvorräten nicht mehr viel übrig ist.
Zu klein und zu groß zugleich
Es geht um Parodie und Travestie in diesem Film, es geht darum, ein paar Witze über die "Star Wars"-Serie und das "Raumschiff Enterprise" zu reißen, was, erstens, schon deshalb schwierig ist, weil Mel Brooks vor siebzehn Jahren in "Spaceballs" alle praktischen und physischen Scherze schon gemacht hat. Und zweitens ist die Aufgabe für Michael Herbig zu klein und zu groß zugleich. Seine Produktion war nicht arm genug, als daß sie aus der Differenz zwischen ihren eigenen unzulänglichen Mitteln und dem Pomp der Weltraumopern ihren Schwung hätte gewinnen können.
Herbig hatte Geld genug, eine ganze Flotte von Raumschiffen durchs All schweben zu lassen, und das Weltraumtaxi, mit welchem Til Schweiger seine anstrengenden Freunde durch die Unendlichkeit chauffiert, ist auch sehr hübsch. Aber wer jemals eine Folge von "Star Wars" gesehen hat, fragt sich irgendwann, wozu Herbig diese ganzen schönen Weltraumeffekte inszeniert, wenn ihm dann doch die Mittel fehlen oder der Mut, diese Dinge am Schluß ihrer eigentlichen Bestimmung zuzuführen: sie nämlich kollidieren und explodieren und verglühen zu lassen mit jener Wucht, die schon nötig ist, wenn man die ungeheure Leere zwischen den Planeten zum Kinoschauplatz machen will.
Ein Münchner Heimatfilmer
"(T)Raumschiff Surprise" sieht so aus, als hätte die meisten Szenen nicht Herbig inszeniert, sondern jener Mister Spuck, den Herbig hier spielt - ein sehr sympathischer homosexueller Mann vom Planeten Vulkan, eine "Vulkanette", wie er sich selber nennt, ein Wesen, das Angst vor Lärm und Tempo und großen Höhen hat, vor Schießereien sowieso; und entsprechend konfliktscheu und betulich ist der ganze Film geworden. Auch Vulkan scheint eine (bislang unerforschte) Vorstadt von München zu sein.
Michael Herbig jedenfalls ist ein Münchner Heimatfilmer, und was er inszeniert, läßt sich immer auch als Travestie der Werke von Helmut Dietl oder Herbert Achternbusch betrachten. Die haben den Münchner Stadtplan als Weltmodell gelesen und hinterm Altstadtring Chicago oder Stalingrad entdeckt. Herbig reist Lichtjahre weit ins All und bleibt ästhetisch doch immer im Geltungsbereich des Kurzstreckentarifs. Schwarzfahren wäre die Lösung.
Filmkritik der FAZ
_________________ minizwergi
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