Ich werde dann auch Mal meinen Senf dazugeben, aber dazu muss ich euch erst eine Geschichte erzählen:
ich bin Fan vom Boss seit 1983, Sommer `85 habe ich ihn das erste Mal live gesehen in Rotterdam und dabei ist es nicht geblieben. Meine Ex war auch Fan, aber ansonsten hatten wir letztendlich nicht mehr so viel gemein. 2009 habe ich meine jetzige Frau kennengelernt und sie war anfangs ungefähr so weit von Springsteens Musik entfernt wie New York vom roten Meer. ‚Bruce Springsteen ist doch der von Born in the USA, oder?`, so ihr O-Ton. Und dieses ‚oder‘ kam dabei sehr zaghaft rüber, weil sie sich sogar in der Sache nicht ganz sicher war.
Annäherungsversuche zwischen dem Boss und meiner Frau folgten. Ich machte das Radio im Auto lauter, sie machte es wieder leiser. So könne man sich ja nicht richtig unterhalten. Irgendwann merkte ich aber dass sie die ruhigen Sachen mochte, sie fing sogar an hier und da mit zu summen. Und da schlug meine Stunde. Ich fing an Listen zusammen zu stellen mit Musik von Springsteen die ihr gefallen könnte und…..es funktionierte. Ganz langsam näherten sich die Beiden an.
Dann kam ‚Wrecking Ball‘ und verdammt, sie mochte die Irisch angehauchten Sachen, auch wenn sie ‚etwas‘ lauter waren. ‚Shackled and drawn‘, ‚American land‘ und vor allem ‚Death to my hometown‘ durften oft Hallo sagen und wurden dann mit offenen Armen empfangen. Ich machte neue Listen und schmuggelte auch den ein oder anderen Klassiker mit rein. 2012 ging ich aber noch mit meinem Sohn ins Stadion, es war ihr doch zu laut und ‚er spielt ja da fast nur die Sachen die ich nicht so mag…‘
Die River Tour musste ich aus privaten Gründen ans mir vorbei gehen lassen, aber die Bekanntschaft zwischen meiner Frau und Bruce, wie sie ihn jetzt immer nannte, wurde zu einer vorsichtigen Freundschaft, bis ich eines Tages von der Arbeit nach Hause kam und hörte wie Bruce meiner Frau versicherte das er an ein ‚gelobtes Land‘ glaube……sie hörte seine Musik aus eigener Bewegung! Kurz danach hat er ein Album speziell für sie rausgebracht, es nannte sich Western Stars. Wochenlang lief keine andere Musik im Haus oder im Auto, bis sie dann sagte: ,Wenn er wieder zu uns kommt, möchte ich mit‘. Leider kam dann aber erst was völlig anderes zu uns mit dem Namen COVID-19…….
Letztes Jahr war es dann endlich so weit. Die Ankündigung war da, wir mussten Karten organisieren. Ich sagte meiner Frau dass sie ihre ganzen Favoriten wohl kaum zu hören bekommen würde, schließlich saß die legendäre E-Street Band mit im Flugzeug wenn Bruce zu Besuch käme. Es war ihr egal: ‚Wir haben jetzt so lange gewartet, vielleicht ist es ja das letzte Mal‘. Aber sie wollte sich beim ersten Mal auf jeden Fall nicht ins Getümmel stürzen, also entschlossen wir uns gute Sitzplätze für Düsseldorf in Angriff zu nehmen. Am ersten Tag des Vorverkaufs musste ich arbeiten, meine Frau sagte: ‚Ich mach das!‘ Ich empfing mehrere Alarmnachrichten von ihr: ‚Ich bin schon wieder rausgeflogen‘. Ich dachte sie gibt auf, aber sie blieb hartnäckig und organisierte unsere Karten. Da wusste ich, sie macht es nicht nur um mir eine Freude zu machen.
Wir mussten jetzt noch so lange warten, aber irgendwann gingen die Konzerte in den Vereinigten Staaten los. Ich machte wieder eine Playlist damit meine Frau wusste was da auf sie zurollt. Reingehört hat sie kaum, Begeisterung sah anders aus. Aber plötzlich keimte Vorfreude auf und dann ging alles ganz schnell.
Und da saßen wir dann letzten Mittwoch im Stadion, nachdem wir uns im Auto noch mal die Playlist reingezogen hatten. Aber wir saßen nicht lange. Arm in Arm haben wir drei Stunden genossen, wir haben die Musik eingeatmet. Die Begeisterung meiner Frau wuchs mit jedem Song, ihre Augen glänzten, der Draht zu Bruce war da…..und wie. Während ‚The River‘ sah sich mich an, ich beugte mich zu ihr runter und sie sagte: ‚Er lebt die Musik‘. Und wie Recht sie hatte. Genau da liegt immer noch seine Kraft. Er zieht das Publikum in seinem Bann, er überzeugt uns immer noch davon das er einer von uns ist. Auch wenn es alles einstudiert ist und genug alte Hasen sich im Vorfeld geärgert haben an der Verkaufspolitik, auch wenn die Setlist ziemlich starr ist: ein Frischling sieht das Ganze mit anderen Augen. Und ich habe das Konzert durch die Augen meiner Frau gesehen. Sie war glücklich……da brauche ich wohl gar nicht mitteilen wie es mir ging. Es war ein toller Abend, es hat gepasst wir immer und bei ‚I’ll see you……‘ kullerte eine Träne über ihre Wange. Am Donnerstag hat sie sich dann Videos vom Konzert aus dem Internet angeschaut und sagte schließlich: ‚ich mochte ihn ja schon lange, aber seit gestern hat er mich. Wenn er wirklich nächstes Jahr wieder kommt sind wir wieder dabei……‘
_________________ We may find it out on the street tonight baby Or we may walk until the daylight maybe
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