Bruce Springsteen Forum

Ein Gutes hat das Ganze: Nachdem ich Springsteens Meinung dazu gelesen habe, ist meine Lust auf eines seiner Konzerte zu gehen, dermaßen gesunken. Und, hey, ich hatte in diesem Jahr mit Iron Maiden, Black Stone Cherry, Reinhard Mey, Thundermother und Volbeat fünf phantastische Konzerte (und mit Whitesnake eine Katasptrophe in Tüten). Deep Purple wäre noch dazugekommen, wenn ich nicht Corona gehabt hätte. Nur bei Volbeat gab es in ausgewählten Reihen "Dynamic Pricing" und die waren weitestgehend leer, was mir einen Platz fast an der Bühne verschafft hat (wie schnell man sich doch in der Reihe vertut...).

Im nächsten Jahr geht's auf jeden Fall nochmal zu Iron Maiden, wo ich mit wahnsinnig viel Glück Tickets im Unterrang in der 5. Reihe direkt an der Bühne ergattern konnte. Die lassen die Tickets übrigens exklusiv über My Ticket laufen, die wohl bewusst kein Dynamic Pricing praktizieren, wo es zwar auch unsinnig teure Packages gibt, die aber wenigstens einen Bonus, wie eine Pre Show Party und diverse Extras beinhalten (auch wenn ich nicht weiß, wer das braucht). Die teuersten Tickets kosteten daher - von den Packages abgesehen - auch "nur" knapp über 100 €. Und ich finde das Konzept spannend: Nach der Best-of-Stadion-Tour in diesem Jahr geht es 2023 mit einer Konzept-Show und einem ausdrücklich angekündigten Mix aus "Somewhere in Time" (1986) und den progressiveren Stücken aus "Senjutsu" (2021) in die (großen) Hallen, wobei auch hier zum Teil (z.B. in Dortmund) zwei Konzerttermine hintereinander anstehen.

Außerdem kommen sicher noch andere Bands hinzu, die sich von diesem Dynamic-Pricing-Müll fernhalten. Ich habe ja jetzt Springsteen-Kohle zum Ausgeben!

Nun bei Iron Maiden in England gibt es auch Platin Ticket, weil es dort die Karten bei Ticketmaster gibt.
Dafür gibt es bei Bruce Springsteen in Barcelona kein Platin Ticket, weil es die Tickets nicht bei Ticketmaster gibt.
Ich würde sagen es liegt an Ticketmaster.

Laut Berthold Seliger, dem ich schon einen gewissen Einblick hinter die Kulissen zutraue, liegt ein Mitspracherecht am Karten- Höchstpreis bei den Künstlern-

ergo, hätte auch Bruce Springsteen die "dynamische Entwicklung" seiner Ticketpreise limitieren können- was er, wie ersichtlich, aber nicht getan hat.

Man mag zu dem Ganzen stehen wie man will- eine solche "Verrohung" der Konzertpreise ist auf lange Sicht eine Bedrohung (wie im Arte- Beitrag aufgezeigt) für die gesamte Livemusik- Kultur...

Bei mir wird das Konzert nächstes Jahr auch definitiv das letzte sein, was ich mir von Bruce gebe.

Ganz genau! Ich überlege mir zweimal, ob ich mir neben dem Konzert meines Lieblingsstars noch eine Karte einer anderen Band leisten kann - und dort ist man wirklich auf jedes Ticket angewiesen, ohne die Preise einfach mal so erhöhen zu können.

Und ein weiterer wichtiger Punkt wurde in der Reportage bei Arte angesprochen: Durch das Streaming, eher gesagt durch dieses Playlist-Gedrisse hat man es als Newcomer deutlich schwerer, weil den Leuten zwar ggf. mein Hit, nicht aber mein Name bekannt ist und ggf. auch das Interesse an weiteren Songs nicht besteht, denn ich höre nur noch die Highlights, was insgesamt zu großer Langeweile führt, weil Hit an Hit ist einfach schrott, da die Abwechslung fehlt - und schon höre ich nicht mehr hin und entwerte Musik. Außerdem kommt niemand zu meinen Konzerten, da mich ja keiner kennt...

Und wenn sich dann nur noch die Reichsten die Konzerte leisten können, geht die Lust insgesamt flöten...

Den unsolidarischen Aspekt hatte ich noch nicht bedacht, aber der ist nicht zu vernachlässigen. Andererseits trifft das nicht diejenigen, die 5.000 Kröten für Bruce locker machen können. Die müssen nicht aufs Geld schauen. Aber wer im Jahr nicht mehr als z.B. 300 € für Konzerte ausgeben kann, schaut natürlich in die Röhre, wenn der Lieblingskünstler das mit einem oder zwei Konzerten schon aufzehrt, wo es sonst in Bruce-Konzert-losen Jahren für zehn Clubgigs in der näheren Umgebung reicht.
Alles hängt mit allem zusammen und die Welt wird nicht einfacher. Ich will trotzdem hoffen, dass die Dynamik in diesem Ausmaß im Bruce-Lager unterschätzt wurde. Alles andere ist enttäuschend.

Selbst wenn diese Dynamik unterschätzt wurde, hätte er dies gerade in den Rolling Stones Interview klarstellen und vielleicht mit etwas mehr Demut gegenüber seiner enttäuschten Fanbase antworten können.

Für mich war er die letzten 30 Jahre mehr als ein Musiker!

Jetzt gehört er für mich zu den heuchlerischsten und unglaubwürdigsten Künstlern überhaupt!

Da ist mir ein dummer Narzist wie Trump lieber als einer wie Springsteen der nach außen hin so sozial tut als wäre ihm seine Fanbase wichtig!

Seine Aussagen im Rolling Stone haben das ja jetzt bestätigt.

Arrogant, überheblich, unsozial!

Wie man sich so zum negativen verändern kann ist mir ein Rätsel.

Für mich ist er gestorben!

In meiner Achtung ist er auch sehr tief gefallen.

Könnte auch sein, dass Landau das versemmelt hat und Bruce sich schützend vor ihn stellt. Er hat ihm ja auch ein bisschen was zu verdanken. Aber wie auch immer: Es gibt Fakten (teure Tickets, Wissen über Geschäftspraktiken z.B. aus der o.g. Doku, Interviewäußerungen) und alles andere können wir nur vermuten. Für diejenigen unter den Fans, die diese Geschichte mitbekommen haben, hat die Tour damit wohl in jedem Fall einen Beigeschmack bekommen. Schade.

Na Ja, das ist jetzt reine Spekulation. Vor allem hat Landau Springsteen Einiges zu verdanken. Schlußendlich ist Springsteen die Cashcow. Sind wir mal ehrlich. Springsteen ist mittlerweile über 70, hängt seit Jahren dem verflossen amerikanischen Traum (vielleicht auch nur Show?) in Form von "Western Stars" und jetzt den Soulklassikern nach. Für mich immer noch ein begnadeter Liveperformer und (vielleicht auch) Schauspieler.
Irgendwann mal hat sich halt auch das Working Class Hero Image erschöpft und ein Boss(sic)anzug passt halt besser zu den gestopften Pfeffersäcken, die locker ein Ticket für 5000$ lockermachen können. In diesem Sinne war das Rolling Stone Interview wahrscheinlich ehrlicher als das ganze Cowboyhut und Cadillacgepose, die den Zahlenden "street credibility" vorgaukeln soll. Wie sowas ab einer bestimmten Einkommensgrenze aussieht, kann man im letzten Spiegelinterview mit "Ich möchte zurück auf die Straße" Weternhagen exemplarisch nachlesen! Was solls...Alles Show.
„Wenn man kein Geld hat, denkt man immer an Geld. Wenn man Geld hat, denkt man nur noch an Geld.“ (Jean Paul Getty)

Denn ersten Satz habe ich nicht verstanden. Solle es nicht heißen: Ich will trotzdem hoffen, dass die Dynamik in diesem Ausmaß im Bruce-Lager verstanden wurde? Wäre ja traurig wenn die die Dynamik unterschätzt hätten, oder? LG

Vollkommen richtig.

Ich verfolge Eure Diskussion mit großem Interesse und orte mich hier irgendwo in der Mitte ein, was aber vielleicht auch daran liegt, dass ich einfach nicht glauben kann oder besser glauben möchte, dass sich ein Mann wie Bruce plötzlich so radikal verändert haben soll.

Allerdings kamen bei mir erste Zweifel auf bei der Broadway Show. So toll die auch war, aber die allabendlichen Tränen, als er über seinen Dad gesprochen hat, die hab ich ihm nicht abgenommen. Da hat sich doch sehr deutlich gezeigt, dass auch bei Bruce sehr, sehr viel Show und Schauspielerei dabei ist. Im tiefsten Inneren wussten wir das längst, aber vielleicht waren wir zu blind und zu naiv, um uns das selbst einzugestehen. Wir haben Bruce auf einen Sockel gestellt und Bruce hat seinerzeit lange auch wenig getan, um uns von diesem Glauben abzubringen. Erst mit seiner Autobiografie hat uns Bruce von seinem Magic Trick erzählt, sodass ich den ‚Fehler‘ eher bei uns als bei Bruce sehe. Bruce war über all die Jahre ehrlich, wie auch bei dem RS-Interview, wir Fans wollten es nicht wahrhaben und fühlen uns jetzt „betrogen“. Dabei haben wir uns überall die Jahre eher selbst betrogen. Jeder, der mehr als ein Konzert pro Tour gesehen hat, hat doch gemerkt, dass die Ansagen mehr oder weniger allabendliche Floskeln waren.

Ich habe mich mittlerweile mehr oder weniger damit abgefunden und kann mich auch wieder auf die 3 Konzerte, für die ich Tickets habe, freuen. Aber es wird nie mehr so sein wie früher. Und das ist schade.

Sorry, mein Post liest sich irgendwie wie ein verkorkstes Wort zum Sonntag. Ich hoffe, Ihr versteht in etwa, was ich sagen will.


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Absolut OK und volle Zustimmung. Für mich ist Springsteen, aufgrund seiner Live-Performance, der beste amerikanische Liveperformer seit Elvis. Natürlich ist da, auch Aufgrund der Vielzahl der Shows, ganz viel Show und Schauspielerei dabei. Ähnlich wie bei den Stones. Musikalisch (und auch showtechnisch) holt mich aber u.a. z.B ein Peter Gabriel oder Steven Wilson schon seit Jahren genauso oder mehr ab.
Für die Shows im Sommer wünsche ich mir das der Boss den Bossanzug im Schrank läßt, den Cowboyhut verbrennt und lieber den Rocker (schau)spielert

Es gibt auch mehrere Aussagen von Bruce, wo er sinngemäß sagt, dass Bruce Springsteen eine Kunstfigur ist. Ich würde es so formulieren: er ist ein Produkt der Kulturindustrie, dessen erstes Ziel nun mal ist, aus Geld noch mehr Geld zu machen. Lange Zeit wollte auch ich in Bruce Springsteen "mehr" sehen. Das war der Fehler. Aber irgendwie ist es doch traurig, sich von seinen eigenen Illusionen verabschieden zu müssen. Aber ist Springsteen jetzt für mich gestorben? Nein, ich stehe ihm jetzt nur wesentlich differenzierter gegenüber. Ich höre noch seine Musik, aber ich bin kein Fan mehr von ihm.