Es ist schon für viele von uns, deine Fans, nur schwer nachvollziehbar, dass es da draußen Leute gibt, die dich, den Boss, nicht für den genialsten Künstler des Universums halten
, aber was wir absolut nicht tolerieren wollen und können ist jene Art von Journalismus, für die der Begriff "Gossenjournalismus" noch fast so etwas wie ein Kompliment darstellt. Nein, ich will da nicht alle Journalisten und Journalistinnen über einen Kamm scheren. Viele machen einen guten Job. Aber es gibt in dieser Zunft auch Leute, die schreiben nicht nur über dich, Bruce Springsteen, einen Haufen Unsinn. Der ihr Kredo lautet: Ich habe zwar keine Ahnung, aber verdammt viele Vorurteile und die mache ich jetzt mal zu Geld. Da stellen sie dich als Dinosaurier hin, weil du über den schweren Arbeitsalltag singst. Sicher, gerade in den USA wurden viele Industriearbeitsplätze zerstört. Aber in vielen Jobs der Dienstleistungsbranche sieht es auch nicht gerade rosig aus. Da stellen sie triumphierend fest: "Der Springsteen hat noch nie ein Lied über die Kellnerinnen bei McDonalds geschrieben." Nein, aber eines über die Königin des Supermarktes! Da stellen sie deine Konzerte als so langweilig wie ein Arbeitstag dar. Man muss deine Musik nicht mögen -na ja, eigentlich doch
-, um zu wissen, dass das großer Quatsch ist. Denn hier LEBEN wir, hier tanken wir Kraft auf! Sind da vielleicht die Gossenjournalisten neidisch, dass du uns Tränen der Rührung in die Augen treibst, ein entrücktes Lächeln ins Gesicht zauberst und Gänsehaut verursachst? Nein, der Gossenjournalismus kann das alles nicht, was du mit deiner Kunst kannst. So versucht er, Kübel von Dreck über dich zu gießen. Nachdem sie dich so richtig durch ihren Kakao gezogen haben, den du natürlich nie im Leben trinken wirst, stellen sie dann die selten dämliche Frage: "Hat Rock and Roll nicht etwas mit Ausbruch, nach der Sehnsucht nach einem ganz anderem Leben zu tun?" Natürlich hat er das, und ausgerechnet deiner Kunst wollen diese Leute das absprechen. Dabei warst du es doch, der den Ausbruch und die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben so formvollendet in Born To Run zum Ausdruck brachte!
Du bist es, hinter dem unter anderem Überlebende von Kriegen, hart arbeitende Menschen der Supermärkte, Transsexuelle, unter dem Polizeiterror leidende Afroamerikaner und Afroamerikanerinnen stehen. Sie stehen neben Menschen, denen du Farbe in den grauen Alltag bringst oder bei Liebeskummer hilfst und Leuten, denen sie im Koma deine Musik vorspielten. Wir alle, deine Fans, stehen fest hinter dir, weil du dich mit deiner Kunst hinter uns stellst! Das kann auch der übelste Gossenjournalismus nicht zerstören! Wir Fans mögen manchmal etwas nörglerisch, besserwisserisch und schwierig sein. Du bist ja auch mitunter sehr eigenwilig. Und wir Fans mögen uns manchmal über die besten Songs und besten Alben hart streiten. Doch das ist alles nebensächlich. Wichtig ist nur: Wir für dich und du für uns!
Das würde ich jetzt nicht mehr so schreiben. Zwar stimmt der Fakt, dass sich Bruce nicht nur in seinen sozialkritischen Liedern für die kleinen Leute und Benachteiligten einsetzte, aber er ist doch auch ein zwangsläufig abgehobener Rock-Millionär, der total dekadent Autos sammelt. Gegenüber diesem Rock-Millionär und Wahlunterstützer der Demokratischen Partei spüre ich inzwischen wieder mehr kritische Distanz. Allerdings höre ich seine Musik nach wie vor sehr gerne. Daran hat sich nichts geändert.