Hier noch ein paar grundsätzliche Gedanken, die ich auch eben auf FB gepostet habe, dürft mich anschließend gerne "zerlegen"
:
Meines Erachtens war es ein großer Fehler, die Tour überhaupt nach Europa zu bringen. Natürlich erfreue auch ich mich daran, wenn Bruce auf Tour zu uns kommt. Nicht jeder kann sich einen Trip in die USA leisten. Aber ohne ein neues Album, macht eine Tour wenig bis keinen Sinn. So etwas kannte man bisher nur von anderen Classic Acts, die ihr 17. Best-Of-Album promoten wollen. Wenn die ursprüngliche Intention der (US-)Tour das Promoten der River-Box war, muss man schon ernsthaft hinterfragen, weshalb er dann keine Outtakes in den USA gespielt hat? Das macht doch überhaupt keinen Sinn?
Die Tour hätte in den USA beendet werden sollen, er hätte im Frühjahr oder im Laufe dieses Jahres das längst fertige Solo-Album herausbringen und dann dazu touren sollen. Niemand wäre überrascht gewesen, wenn es zu der Box keine Tour gegeben hätte.
Ich erkläre mir das jetzt Erlebte so, dass Bruce zu dem Zeitpunkt, als Bruce und Landau (habt Ihr gestern in Berlin gesehen, dass Landau zum Ende des Konzertes rechts am Bühnenrand stand und das eine oder andere Mal den Kopf geschüttelt hat, das ich so gedeutet habe, dass er auch heute noch von seinem Schützling absolut fasziniert ist) die Europa-River-Tour geplant haben, überhaupt noch nicht bewusst war, dass das Spielen des gesamten Albums mit der Zeit einfach zu langweilig wird. Dann waren irgendwann die Termine für Europa gemacht und Bruce war in einer Zwickmühle, was er jetzt machen soll. Hinzu kommt der Fakt, dass die E Streeters auch nicht jünger werden und Bruce jederzeit damit rechnen muss, dass ein weiteres Band-Mitglied nicht mehr sein wird. Also, noch schnell die Gunst der Stunde nutzen und noch einige Shows nach alter bewährter Rezeptur in Europa spielen. Es gab jetzt kein zurück mehr, also hat er sich entschlossen, vom River-Konzept abzuweichen, erst ein bisschen, dann immer mehr. Das Resultat sind Shows wie sie die Hardcore-Fans eigentlich nicht brauchen, alle anderen - und das ist die große Mehrheit - aber begeistern. Der casual Fan sieht ein Springsteen-Konzert wie jedes andere Konzert eines x-beliebigen Künstlers auch und will vor allem die Hits bzw. bekannteren Songs hören. Und genau das serviert ihnen Bruce nunmehr. Bruce sind die Hardcore-Fans auf dieser Tour weitestgehend egal. Er spielt jetzt mal nur für die Casuals!
Letztlich liefert er und 95 Prozent der Konzertbesucher gehen mehr oder weniger zufrieden nach Hause (wenn da nicht der oft miserable Sound wäre), weil sie genau das bekommen, was sie erwarten. Und dass Bruce, der ja eigentlich mit seinen 66 Jahren auch längst in Rente ist, "Dienst nach Vorschrift" macht , kann man ihm kaum verdenken. Er muss niemandem mehr etwas beweisen und hat derzeit mangels neuem Album auch nichts Relevantes zu sagen. Herauskommen Standard-Shows, in denen ein Song meist unstrukturiert an den anderen gepackt wird. Er macht sich ja auch keine großartige Mühe, irgendetwas Besonderes darzubieten, sondern setzt das Erfolgskonzept der Touren seit 2009 mehr oder weniger fort. Man kann das auch Bequemlichkeit nennen, was ich ihm ebenso wenig verdenken kann. Das macht er aber so gut und professionell wie kein anderer, aber wie oben beschrieben liegt der Kardinalfehler darin, dass es diese Tour nie hätte geben dürfen.
Es wird Zeit, dass die Tour zu Ende geht, endlich ein neues Album kommt mit einer Tour, die ein Konzept verfolgt und wieder frisch wirkt. Ich bin sicher, dass so etwas wieder kommt und er einmal mehr allen Kritikern und Nörglern beweisen wird, dass er auch noch andere Touren und Shows spielen kann als das, was wir momentan so seit 2009 erleben.
Und ja, ich habe vor allem gestrige Show in Berlin sehr genossen, obwohl es Standard war! Aber hätte ich wirklich etwas verpasst oder vermisst, wenn ich M und B 2016 nicht besucht hätte? Nicht wirklich (außer das Treffen bekannter Tramps
)!