fortuna95 hat geschrieben:
Muss ich jetzt wohl wieder der sein, der in die Suppe spuckt. Und nachdem ich jetzt meine erste Show auf der Tour gesehen habe, darf ich ja nun auch erster Hand meckern.
Ich fange mal so an: Als Bruce die E Street Band aufgelöst hat, hat er gesagt, er wolle vermeiden, dass sich die gleichen Rituale immer wiederholen. Für mich war das immer des Beste an Bruce, dass er immer was Neues versucht hat. Angefangen von der Tunnel of Love Tour, wo er auf dem Höhepunkt seines Erfolgs die Shows total umgebaut hat. Das ging weiter bis zu den Solo Tourneen und den Seeger Sessions. Man konnte immer drüber streiten, aber jede Tour hatte so ihre neue Idee.
Genützt hat das auch den E Street Shows. In den letzten Jahren waren die Konzerte musikalisch so viel vielseitiger, dass sie immer anders waren, immer Überraschungen, immer unberechenbar. So hat Bruce es vermieden, einer dieser alten Standard Rockstars à la Stones zu werden.
Tja, und die Tour jetzt und auch die Show gestern, das sind halt die alten Rituale. Bruce versucht gar nicht mehr, das anders zu machen. Es funktioniert halt. Aber es ist damit eben auch nur noch ein Event, bei dem man sich gegenseitig feiert. Weit hinter Bruces eigenen Ansprüchen - und meinen eben auch.
Das Kernproblem bleibt, dass er das Grundkonzept der Tour über den Haufen geworfen hat, ohne sich was anderes einfallen zu lassen. Einen Rahmen der Show durch die River Songs, das eine oder andere Outtake Man kann ja darüber diskutieren, wie das jetzt mit dem River Album in voller Länge im Stadion ist. Was ich nicht nachvollziehen kann ist, dass es Darlington County und Working On The Highway sein müssen, wenn es auch I'm A Rocker, Crush On You oder von mir aus Cadillac Ranch und Ramrod. So bleibt es eben bei den alten Ritualen, mit dem absoluten Tiefpunkt Sunny Day.
Ihre Momente hatte die Show trotzdem. Höhepunkt auf jeden Fall American Skin. Hier hat Bruce angedeutet, dass er immer noch mehr könnte, wenn er denn wollte. Auch Backstreets war fantastisch. Und Thunder Road akustisch für mich am Ende fast ein wenig versöhnlich. Und immerhin versucht er auch eine paar mehr neuere Songs einzubauen, wie My Lucky Day.
Wie an anderer Stelle gesagt, von der Tour erwarte ich nichts mehr. Bleibt mir auf das neue ALbum zu erwarten mit einer neuen Tour mit neuen Highlights.
Ich stimme Dir nach wie vor in Deiner grundsätzlichen Kritik zu. Ich habe mich längst damit abgefunden, dass dies nicht mehr die River-Tour ist, sondern lediglich eine Art Fortsetzung der letzten Touren, mittlerweile gänzlich ohne erkennbarem Konzept. Aber wenn man sich einmal damit abgefunden hat, kann man die Shows durchaus genießen und selbst diese Routine-Shows, die Bruce jetzt abliefert, übertreffen alles, was es sonst so an Live-Rock-Musik in dieser Größenordnung gibt. Ich hatte gestern auf jeden Fall sehr viel Spaß, was vor allem auch daran lag, dass 95 Prozent der Leute im Stadion wahrscheinlich nur dieses eine Konzert besuchen und alle begeistert waren, zumindest was ich so mitbekommen habe. Wir haben in Europa einfach das Pech, dass Bruce zu groß ist und daher mit sehr wenigen Ausnahmen nur in diesen Stadien spielt. So war dann auch die einzige Kritik, die ich so vernommen habe, dass der Sound wieder einmal in weiten Teilen des Stadions miserabel gewesen sein soll (bei uns im PIT war er OK, obwohl der Klang wiederum in M besser war). Ach ja, und dass Bruce nur noch so wenig erzählt, wurde auch mehrfach bedauert.
Ich brauche allerdings auch keine weitere Show dieser Tour aus den von Dir genannten Gründen mehr, sondern freue mich auf das lang erwartete Solo-Album und eine dann hoffentlich folgende Tour ohne E Street Band, muss wegen mir nicht zwingend solo sein, aber die E Street Band sollte er für die nächsten 5 Jahre in den Urlaub schicken und gerne mal mit anderen Musikern was machen, um endlich mal wieder etwas neues zu hören.