Kotelette hat geschrieben:
wolf hat geschrieben:
Politik ist nie, egal in welchem Land, ein gutes Gesprächsthema! Hier weiß man auch nie, ob man einen CDU, SPD etc. Anhänger vor sich hat.
Also ich diskutiere oft und gern mit Freunden und Bekannten über politische Themen. In meinem Umfeld stehen wir einander zwar politisch nahe, aber Kontroversen gibt's trotzdem. Bleibt dennoch alles zivil. Ich hab' auch schon mit Anhängern anderer politischer Lager diskutiert, ohne dass das ausgeartet ist. Das gilt latürnich nicht für jedes politische Lager, ist ja klar, oder?
In den Staaten kommt offenbar erschwerend auch der religiöse Aspekt hinzu. Ich hab' gestern einer in Louisiana lebenden deutschen (vermutlich mittlerweile US-Staatsbürgerschaft) Romney-Unterstützerin zu verstehen gegeben, dass ich den Kerl aufgrund seiner Religion für unwählbar halte. Die Dame hat mich mit dem Hinweis auf Religionsfreiheit umgehend zum Rassisten erklärt, womit sie bei mir latürnich an der richtigen Adresse war. Sie fügte dann an, den Mormonen zwar nicht zuzustimmen, den Moslems aber auch nicht. Das machte mich stutzig, und ich hab' etwas nachgebohrt und parallel ein wenig gegoogelt. In den USA gibt es offenbar nicht wenige Bürger - meist Republikaner -, die Obama für einen Moslem halten. Auf meinen Hinweis, Obama habe sich sehr häufig eindeutig zu seinem christlichen Glauben bekannt, kam als Erwiderung, er würde sowieso lügen, wenn er den Mund aufmache (wörtlich: every time his lips move).
Ich fand den Dialog mit der Dame an sich eher belustigend, weil die sich so entlarvt hat, wie es nur möglich ist. Auf der anderen Seite hat mich ihre aggressive Verbohrtheit im Nachhinein ein wenig erschreckt. Allerdings hab' ich sie auch ein wenig provoziert, hüstel.
Kann mir sehr gut vorstellen, wie dieses Gespräch gelaufen ist.
Meine Tante in NY, die, die jetzt von Sandy so gebeutelt ist, ist ganz ähnlich wie Deine Gesprächspartnerin aus Louisiana. Sie hält Obama auch für einen Moslem, dazu ist er auch noch schwarz! Das mit dem Rassismus sehen viele dort offenbar deutlich "lockerer". Dieser latente Rassismus ist in den USA mindestens so stark ausgeprägt wie bei uns. Würde eh gerne mal wissen, was hier los wäre, wenn ein Deutsch-Türke, Moslem dazu, als Bundeskanzler kandidieren würde!!!
Interessant ist dazu, dass meine Tante eigentlich gar nicht religiös ist und ihr das insoweit egal sein müsste. Ich meide aber auch Gespräche mit ihr über Politik vollends, da das nur im Streit endet. Mit meinem Onkel ließe es sich besser diskutieren, leider kommt es dazu zu selten, zumal er kaum deutsch kann. Er ist extrem gebildet und würde seine Wahlentscheidung pro Romney aber sicher nicht über Hautfarbe und Religion begründen.
Überhaupt kann man ja feststellen, dass bei dieser Wahl die Religion nicht mehr
den Stellenwert hatte wie noch bei den letzten US-Wahlen. Irgendwo habe ich die Tage gelesen, dass der Anteil der Nicht-Religiösen (Atheisten) in den USA von rund 5 Prozent noch zur Jahrtausendwende auf mittlerweile knapp 20 Prozent angestiegen ist. Politologen sagen voraus, dass dieser Trend weitergehen und die Religion bei zukünftigen Wahlen immer weniger von Bedeutung sein wird. Einige Teapartler mussten das ja schon erleben, als sie nicht wieder gewählt wurden, wobei man auch hier sagen muss, dass die Gruppe der Teaparty bei Weitem nicht so groß ist, wie von deutschen Medien gerne dargestellt.
Vielen Amerikaner hängen einfach der aus ihrer Sicht glorreichen Vergangenheit nach, auch wenn damals der Rassismus noch viel stärker ausgeprägt war. Das ist doch das große Problem: Der Blick geht bei den Reps immer nur zurück. Leider vergessen sehr viele dabei, dass sich die Welt weiterentwickelt hat.