Um mal wieder On-Topic zu werden, ich hab nen Konzertbericht über Frankfurt verfasst und gleich zur Vorwarnung, er ist nicht so lang geworden wie die "Wrecking Ball-Besprechung" meinerseits.
Konzertbericht Frankfurt 25.05.2012
Konzerte von Bruce Springsteen und seiner E Street Band waren und sind ja schon seit eh und je legendär, aber dass, was sich am Freitag den 25.05.2012 ab 20.06 Uhr in der Frankfurter Commerzbank Arena abgespielt hat, kann man nur mit einem Wort beschreiben: UNFASSBAR! Aber der Reihe nach. Um sechs Uhr morgens ging es für mich los, da quälte sich dieser Tramp aus dem warmen und gemütlichen Bett um sich bei bestem Wetter aus dem schwülen Stuttgarter Speckgürtel auf die Thunderroad nach Mainhattan zu begeben. In Stuttgart noch schnell einen jungfräulichen Tramp eingesammelt dessen erstes Springsteenkonzert es werden sollte, und dann voller Erwartungen in den Chevi gestiegen der sich als ICE entpuppte, aber man kann nicht alles haben.
Unterwegs trafen wir zwei weitere Tramps und unter regem Austausch von Bruceologischen Themen liefen wir in Frankfurt ein. Schnell noch chinesische Marschverpflegung organisiert und nichts wie ab zum Stadion. Nach einem langen Marsch durch den Wald kamen wir am Eingang E5 an wo sich schon eine Menge anderer Member der E Street Nation eingerichtet hatten. Nummer geholt, Mittagessen gegessen und beim Rollcall hier geschrien hieß die Devise für die nächsten Stunden. Die Sonne schien einem auf den Pelz, eine leichte Brise sorgte für Abkühlung und dann gab es das große Wunder: Der Rollcall funktionierte! In Gruppen zu je 75 Mann stellte man sich auf, bekam das rosa FOS-Bändchen und die klare Ansage „Wer rennt fliegt raus!“. Eher friert die Hölle zu als dass der Rollcall klappt war ja seither immer das Motto für Deutschland gewesen, an diesem Tag muss wohl die Hölle wirklich zugefroren sein.
Völlig entspannt ging es mit der 3. Schlange hinein, Platz gesucht, 4. Reihe direkt vor Little Steven. Herz, was willst Du mehr! Während der Wartezeit ein kurzes Nickerchen gemacht, nochmal das Dixieklo besucht und dann erklommen auch schon die ersten Beleuchter die Strickleitern. Die Anspannung stieg und als die Titelmelodie der „Glorreichen 7“ ertönte, betrat die legendäre mittlerweile 17 Köpfe zählende E Street Band die Bühne. Alle in schwarz gekleidet und sofort ging es mit „Badlands“ los. Das ausverkaufte Stadion war am Rocken und Schlag auf Schlag ging es weiter. „We Take Care Of Our Own“, „Wrecking Ball“, „Out In The Street“, „Death To My Hometown“, „My City Of Ruins“ und „Spirit In The Night“ brachten das Stadion endgültig zum kochen. Bei Spirit sammelte Springsteen ein Handy aus dem Publikum und sang hinein, um es anschließend in hohem Bogen zurück in die tobende Meute zu werfen. Ob die Person am anderen Ende der Leitung umgefallen ist? Man weiß es nicht.
Bruce war allerbester Laune, hielt seine Ansagen auf Deutsch indem er sie von einem auf den Boden geklebten Zettel ablas und das Gaspedal nach einer halben Stunde Vorglühen so richtig durchtrat. Die E Street Band feuerte aus allen Zylindern ihres Motors – es gab keine Atempause. Vor allem das „E Street Shuffle“ hatte es mir bis dato angetan, genial wie die Horns dabei glänzen konnten. Wer bis dahin noch nicht auf Betriebstemperatur war, dem konnte meines Erachtens nach nicht geholfen werden. Bei „Jack Of All Trades“ herrschte dann bei mir persönlich Hochwasseralarm in den Augen – die Ballade hat mich schon auf der CD mitgerissen aber live war das nochmal eine völlig andere Hausnummer. Die Bläser erzeugten eine Gänsehaut während Bruce die Geschichte des Songs erzählte. Und das kann er! „Youngstown“ in der Full Band-Version mit einem explodierenden Gitarrensolo von Nils Lofgren, der sich wie ein Derwisch über die Bühne drehte, grandios. „Darkness On The Edge Of Town“, ich glaube dazu muss man nichts weiteres sagen.
„Johnny 99“, „Working on the Highway“, „Shackled and Drawn“ und der schon beinahe Klassiker „Waiting on Sunny Day“ mit der Einlage eines kleinen Jungen der wieder singen durfte folgten, dann war es Zeit für ein Requestschild welches sich als „Summertime Blues“ entpuppte. Das passte zur Stimmung und zum Wetter, spätestens hier lag etwas besonderes in der Luft. Dann wurden die Gospelanleihen und Balladen ausgepackt, „Promised Land“, „The River“, „The Rising“ folgten im Dreierpack. Bei The Rising“ verwandelte sich das gute alte Frankfurter Waldstadion aka Commerzbank Arena in einen einzigen riesigen Freiluftgottesdienst zu ehren des Rock ´n´ Rolls und dessen weltbester Liveband. „Lonesome Day“ war als nächstes dran bevor Bruce mit „We Are Alive“ die Geisterstunde im New Orleans-Stil heraufbeschwor. Wahnsinn, ich hatte Gänsehaut. Live ein wunderbarer Song, Jake an der Trommel und wie Springsteen den Song alleine nur mit seiner Akustikgitarre beginnt bevor dann die E Street Band mit all ihrer Wucht einfällt und man meint, wahrhaftig die Toten auf ihren Gräbern tanzen sehen zu können.
Und endlich endlich „Thunder Road“ als Rausschmeißer vor dem Zugabenteil. Ich hatte darauf gehofft, aber nicht wirklich daran geglaubt. Die Begeisterung kannte schon jetzt keine Grenzen mehr, das ganze Stadion stand und feierte. Nach kurzem Winken gab es aber dann doch noch einen Zugabenteil. Und was in den nächsten knapp 50 Minuten passieren sollte, das kann man wahrlich als Episch bezeichnen. Die Uhr zeigte kurz nach 22.30 Uhr an als es mit „Rocky Ground“ begann. Michelle Moore hat eine Wahnsinnsstimme, das muss hier einfach mal erwähnt werden, und hauchte dem Song live nochmals eine ganz besondere Stimmung ein.
Doch Rocky Ground war nur der Auftakt. Ich hätte es vor dem Konzert nicht zu träumen gewagt, doch er spielte es wirklich in der Full Band-Version. „Born In The USA“. Ich hätte nicht gedacht dass man die Stimmung noch weiter anheizen kann, doch Springsteen und seine E Street Band schafften dies. Und das Publikum sang jede Zeile dieses vielleicht am meisten fehlinterpretiertesten Songs der Musikgeschichte mit. Das Flutlicht ging an und „Born To Run“ folgte auf dem Fuß. Oh yeah, Tramps like us, Baby we were born to ruuuun! Das Publikum und die Band schaukelten sich jetzt gegenseitig hoch und in einen Rausch hinein, den man mit Worten nicht beschreiben kann.
Springsteen fing an Requestschilder aus dem Publikum zu sammeln und sorgte damit teilweise für Verwirrung in seiner Band. Witzig anzusehen wie sich Charles Giordano bei Nils mit Gesten erkundigte, was als nächstes kam da er das Schild nicht hatte lesen können. Die Setlist war zu diesem Zeitpunkt schon längst Geschichte und langsam aber sicher gewann ich den Eindruck, dass es heute einen Wettbewerb darum gab, wer als erstes in die Knie gehen würde: die E Street Band oder das Publikum. Der Flughafen musste um 23.00 Uhr den Betrieb einstellen, und auch Bruce legte sich auf der Bühne flach nur um von Little Stevie mit einer nassen Schwammdusche wieder in Form gebracht zu werden. Doch jetzt aufhören? Dieser Punkt war schon lange überschritten. Munter ging es weiter.
„Cadillac Ranch“, „Sherry Darling“, „Glory Days“ und „Dancing in the Dark“ sorgten für die wohl ausgelassenste Party, die Frankfurt in den letzten Jahren gesehen hatte. Es blieb nichtmal die Zeit, einen Schluck aus der Caprisonne zu nehmen. Den Schlusspunkt setzte „10th Avenue Freeze Out“ mit der wunderschön gemachten Gedenkminute an Clarence „Big Man“ Clemons. Das Stadion rastete endgültig aus und hätte es ein geschlossenes Dach gehabt, dieses wäre mit absoluter Sicherheit weg geflogen. Der Geist von Big Man und Danny war während dieser Minuten fühlbar, und Springsteen hat recht:“If you´re here, and we´re here, than they´re here“.
Um kurz vor halb zwölf in der Nacht war dann Schluss, die E Street Band bedankte sich beim Publikum und Bruce bei jedem einzelnen seiner Musiker mit einem Handschlag und einem Klaps auf den Rücken. Als ich in das Gesicht meiner Begleitung schaute, stand dort die totale Ungläubigkeit geschrieben und es kam nur ein „Unfassbar“. WAS für eine Show! Hoffentlich bleibt uns diese Band noch lange bei guter Gesundheit erhalten, was sie wieder gezeigt haben war extraklasse. Sie haben einmal mehr bewiesen, dass sie die beste Liveband dieses Planeten sind. Das Publikum war sich einig, dieser Abend wird in die Geschichte eingehen als etwas ganz besonderes.
Noch lange danach, als wir am überfüllten S Bahnsteig auf den Zug zum Flughafen warteten von wo uns unser Chauffeur abholen wollte, gelang es mir nicht das soeben erlebte zu realisieren. Und auch die Bahn musste in diesem Moment, weit nach Mitternacht, realisiert haben dass ein Springsteenkonzert nicht spätestens um 22.00 Uhr beendet ist. Fuhren doch die Sonderzüge sehr viel länger. Und auch meine Begleitung hatte Schwierigkeiten, wie wohl jeder der zum ersten Mal von diesem Hurrikane namens „Bruce Springsteen & The E Street Band“ erfasst und mit sich gerissen wurde. Er lässt einen einfach nicht mehr los, wenn er einen erstmal eingesogen hat.
Meine Begleitung jedenfalls ist beim nächsten Mal auch wieder mit dabei.
Mir fehlen selbst jetzt, beinahe zwei Wochen später, noch immer die Worte um dieses Superlativ von einem Rockkonzert zu beschreiben. Es war grandios, es war episch, es war unfassbar. Ganz ganz großes Kino. Doch vielleicht hat die Beschreibung eines solchen Konzertes Bruce selbst einmal am treffendsten ausgedrückt:
You´ve just seen the
Heart Stopping
Pants Dropping
Hard Rocking
Earth Shokking
Booty Shaking
Belly Quaking
Love Making
*** Herr Fresinus sagt: Viagra ist bah bah *** Taking
History Making
legendary E-Street Band ! ! !