@Nightdancer: Du schreibst ganz recht, dass deine Ausführungen nur Vermutungen sind. Wir sind hier im Bereich gefährlichen Halbwissens. Ich hab' von Bruce Springsteen, Jon Landau oder einem seiner Anwälte bislang noch nicht die Aussage gelesen, man lasse die Downloader bewusst in Frieden, solange ihr Treiben unkommerziell ist.
Ob die Downloads geduldet werden, weil sie ein Loch füllen, weil der Vertrieb von Live-Aufnahmen jedes Gigs unverhältnismäßig wäre oder weil Bruce Springsteen so ein Ewiggestriger ist, dass er gar nicht weiß, was ein Download überhaupt ist (Well, these Downloads - can we shag or smoke them?), ist spekulativ. Es sind sicher Geschäftsmodelle denkbar, bei denen Kosten und Einnahmen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen würden.
Selbst wenn der Up- und Download dieser Live-Aufnahmen für sich keinen kommerziellen Zwecken dient, so dient die Existenz dieser Aufnahmen doch nicht selten Zweitverwertern für ihre kommerzielle Zwecke - etwa einem Bootleg-Label, das es sich so sparen kann, den eigenen Aufnahmemann zum Gig zu schicken, oder der hier diskutierte Ebayer, der damit fettes Geld macht. Auch Crystal Cat hat vermutlich nicht jeden seiner Bootlegs mit einer selbstfabrizierten Aufnahme bestückt, sondern sich womöglich auch schon bei den Downloads bedient. Insofern kann das derzeit einigermaßen störungsfreie Agieren der Downloader auch ganz schnell wieder vorbei sein, wenn Rechteinhaber gegen kommerzielle Nutzer vorgehen.
Kann es sein, dass die Plattenfirma dieses Bootlegging nicht aufgrund der von dir aufgezählten drei Gründe stillschweigend duldet, sondern dass die Plattenfirma nur deshalb nicht dagegen vorgeht, weil sie nicht zuständig ist? Hält überhaupt Sony die Rechte an den Aufnahmen von Springsteens Konzerten oder ist es womöglich Springsteen selbst oder seine Managementfirma oder wer auch immer in dem Dunstkreis? Theoretisch können auch Konzertveranstalter und Arenabetreiber Rechteinhaber sein, sofern das vertraglich nicht anders geregelt ist. Auch das ist allerdings gefährliches Halbwissen.
Richtig ist, dass viele Bootlegs qualitativ nicht so gut sind wie offizielle Aufnahmen. Das mag manch einem Künstler am Arsch vorbeigehen. Andere hingegen möchten vielleicht kontrollieren, in welcher Form und Güte ihre Musik veröffentlicht wird.
Kleine Geschichte, die ich einmal erlebt habe: Seit Ewigkeiten jedes Jahr am 29. Dezember spielt Ian Cussick in der Fabrik in Hamburg. Hab' mir das immer mal wieder gern gegeben (könnte ich eigentlich mal wieder machen). Irgendwann vor vielleicht zehn Jahren gab's am Merchandising-Stand für zehn Mark (oder waren's schon Euro?) die Möglichkeit, sich in eine Liste einzutragen, um bald darauf eine CD des Konzerts zu kriegen. Die CD hab' ich erhalten, zusammen mit einem Link zum Artwork (war so offeriert worden). Den Zettel mit dem Link hab' ich irgendwo in die Schublade gepackt und erstmal vergessen, mir das Artwork herunterzuladen. Als ich das dann etliche Monate später erledigen wollte, funktionierte der Link nicht mehr. Ich hab' daraufhin die auf der Seite genannte Kontaktadresse angemailt und um Übermittlung der Pdf-Dateien per E-Mail gebeten. In meiner Mail hab' ich zudem höflich kritisiert, dass die CD den Zugabensong "Ticket to Ride" nicht enthielt (der Beatles-Klassiker, lag vielleicht an fehlender Lizenzierung). Kurz darauf erhielt ich nicht eine E-Mail, sondern einen Brief mit dem im korrekten Jewelcase-Format ausgedruckten Artwork nebst einer CD, auf der sich der besagte Zugabensong befand. Da war ich ob so viel guten Services baff.
_________________ http://dienachtderlebendentexte.wordpress.com/
|