Der österreichische Standard hat am Freitag Abend eine weitere Rezension zum neuen Bruce Springsteen Album “Wrecking Ball” veröffentlicht.
Der wachsende Abstand zum Traum
Zorniger und politischer denn je: Bruce Springsteen hat in Paris sein neues Album “Wrecking Ball” als Star zum Anfassen vorgestellt. Der 62-Jährige hat nicht nur die Stimme bewahrt, sondern eine Sprache gefunden
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Das Album beginnt mit den schroffen Gitarrenriffs von “We take care of our own”, der ersten Singleauskopplung, die schon als Occupy-Hymne herumgereicht wird. Es folgt das böse Gaunerstück “Easy Money”, mit fidelen Folk-Einlagen und entsprechender Laune: “Ich hab eine Smith & Wesson 38 und ein Höllenfeuer”. Dann eine bittere Anklage über die Spekulanten auf dem “Bankerhügel”. Im vierten Song “Jack of all trades” wird Springsteen noch deutlicher: “Der Banker wird fett, der Arbeiter wird dünn/ Das war schon immer so, und wird es auch wieder so sein.”
“Death to my hometown” beschließt die erste Hälfte des Albums mit einer Anklage gegen die Aasgeier-Armee, die ohne Bomben und Kanonen “unsere Familien und Fabriken zerstört und uns die Häuser nimmt”.
Auf seinem Barhocker bestätigt Springsteen, die erste Hälfte des Albums sei während der Wirtschaftskrise 2009 und 2010 entstanden. Seine Songs enthielten aber auch hoffnungsvolle Elemente, betont er: “We take care of our own” lasse sich auch lesen als “Wir nehmen die Dinge in die Hand”. Die Occupy-Bewegung habe immerhin ermöglicht, dass in den USA wieder über Gleichheit und Gerechtigkeit debattiert werde. “Das war in den letzten 20 Jahren nicht mehr der Fall”, fügt der Mann mit den vier feinen Ohrringen an. Wegen George Bush sei er vor vier Jahren auch für Barack Obama aufgetreten, meint Springsteen; in der neusten Kampagne werde er das aber nicht mehr tun: “Ich bin kein professioneller Wahlkämpfer.”
Leid eines Sängers
Und dann gibt es auch noch die zweite, persönlichere Hälfte des Albums. “This depression” kommt von tief unten, und die Gastgitarre von Tom Morello ist so hirnzersetzend wie die Depression, die Springsteen um Hilfe schreien lässt. Der Rest des Albums ist E-Street-Band pur.
Obwohl langsam gequält auf seinem Sessel, reagiert Springsteen eher amüsiert über die Frage, ob seine neue Rolle als Protestsänger nicht eine Last sei. “Ich leide schrecklich darunter, wenn ich nachts in meinem großen Haus einschlafe, das bringt mich noch ganz um”, scherzt er, bevor Sony die Pressekonferenz beendet. Und Springsteen sich plaudernd unter die Leute mischt.
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