Müde bin ich zwar immer noch.
Versuche jetzt aber doch einen Bericht zum gestrigen Abend zu verfassen, da die Eindrücke noch sehr frisch sind und aus Erfahrung gelingt es mir mit mehr Abstand dann nicht mehr so gut, das Erlebte in Worte zu fassen. Vorab möchte ich sagen, dass ich auf die einzelnen Songs nicht so eingehen kann, da ich nicht so intensiver Fan von John Mellencamp bin, um da genau zu analysieren. Auch war es mein erstes Mellencamp Konzert, Vergleiche zu früher fehlen da natürlich auch.
Es war ein toller Abend gestern. Es war schon etwas Besonderes, John Mellencamp, der Europa jahrelang nicht mehr beehrt hat, auch endlich mal live zu erleben. Vor allem habe ich mich auf etwas ziemlich Neues eingelassen, da das intensive Beschäftigen mit Mellencamp Songs vorher gefehlt hat (bis auf ein paar CDs, die ich besitze mal abgesehen, aber auch die hab ich schon länger nicht mehr gehört).
Man konnte den Abend ja ziemlich relaxt angehen, da es ja zugewiesene Sitzplatzkarten gab. So waren wir auch erst kurz vor 20 Uhr vorort - man wußte ja inzwischen auch, dass es vorher einen Film zu sehen gibt, bis das eigentliche Konzert beginnt. Vor dem Circus Krone angekommen dachte ich zuerst, ob ich nicht doch zu einem Springsteen-Konzert gekommen bin, es waren nämlich sehr viele Springsteen-Shirt-Träger zu sehen.
Dann konnte man auch einige bekannte Gesichter wieder sehen, z.B. aus Wien, die man lustigerweise aber am öftesten in München trifft
oder auch "Miami Steve" hier aus dem Forum (auch wenn er nur mehr spärlich schreibt), selbst ein toller Künstler. So gabs vorher einen netten Plausch mit verschiedenen Tramps. Gegen 20 Uhr war dann der Einlass im Gange.
Der Circus Krone ist wirklich ideal für kleine, feine Konzerte im intimen Rahmen. Wir hatten 7. Reihe Parkett, ganz links außen. Pony-Sue aus dem Forum saß dann zufälligerweise genau hinter uns, auch das war schon wieder eine nette Überraschung.
Als wir zu unseren Plätzen kamen, war der Film schon am Laufen. Nun ja, was soll ich dazu sagen, ich wußte davon, dass es diesen Film geben wird. Wirklich nachvollziehen kann ich den Unmut diverser Konzertgänger nicht. Erstens ist es ja kein Geheimnis, dass es (anstatt einer vielleicht mauen Vorband) eben diesen Film zu sehen gibt. Zudem ist man auch nicht gezwungen, auf den Plätzen zu verharren, ich habe auch die Zeit genutzt, mal rauszugehen, mir den Circus Krone von innen genauer anzusehen, zum Fanartikelstand zu schlendern, wieder ein paar nette Gespräche zu führen... so what? (Der Film an sich hätte mich schon interessiert, aber es war zu laut im Umfeld, um das richtig aufzunehmen, das wäre dann wohl eher mal was für zu Hause, in Ruhe vor der Glotze).
Um 21 Uhr war der Film dann zu Ende, ein kurzer Umbau, gegen 21.10 Uhr war die Bühne bereit. Es gab inzwischen schon einiges Gepfeife und Buh-Rufe, die sich immer mehr steigerten. Ok, es dauerte jetzt noch eine halbe Stunde, bis das Konzert dann los ging und das dann eben unter lautstarken Buh-Rufen und ohrenbetäubender Pfeiferei. Ich dachte mir, ob ich im falschen Film sitze, in der Art habe ich noch keinen Konzertbeginn erlebt. In mir kam der Gedanke auf, ob Mellencamp das absichtlich so provoziert, um dann mit einem fulminanten Konzert zu entschädigen... Grundsätzlich fand ich die Reaktion mancher Konzertteilnehmer aber etwas überzogen, ich hab schon viel länger auf ein Konzert warten müssen (sicher wieder aus anderen Gründen), dennoch wars da niemals dann so „abwertend“ laut, wenn sich Bruce z.B. mal eine halbe Stunde verspätet hat...
Um 21.30 gings dann los. Der erste Song wurde weiter mit lautem Pfeifen begleitet. Dann endlich, kam langsam Applaus auf. Und der Applaus steigerte sich mit Fortlauf des Konzertes, wie sich auch das Konzert steigerte. Der Konzertablauf war in drei Blöcken aufgebaut, aber nicht so wirklich geteilt, wie ich zuerst gedacht hatte. Zu Anfang wars sehr folkrocklastig, es gab auch tolle Solo-Akkustik Einlagen von John Mellencamp. Manchmal kamen der Keyboarder (der auch Harmonika spielte und mich ein wenig an Danny Federici erinnert hat) und die (fantastische) Geigerin dazu. Dann spielten wieder alle gemeinsam. Die Band fand ich sowieso klasse, da kann ich eigentlich keinen wirklich hervorheben, machten alle einen tollen Job. Sitzplätze haben in der Hinsicht natürlich auch was Angenehmes, ruhigere Songs im Sitzen zu Genießen ist ja auch nicht übel. Allerdings so viele ruhige Songs gab es nicht, so bin ich dann überwiegend doch gestanden und konnte beobachten, dass dies immer mehr Leute dann machten, aufzustehen und mitzumachen.
Der letzte Konzertabschnitt war dann der Kracher an sich. Es gab eine kleine Pause, der Drummer wechselte von den kleinen zu den großen Drums und alle haben auf der Bühne Vollgas gegeben. Ich tat dies dann auch, nämlich in Form eines Stage-Rush, der mich direkt vor die Bühne gebracht hat. Bei mir war auch Pony-Sue und viele andere, die das auch taten. Das war dann mein Konzerthighlight. Wow, genial, alle aus nächster Nähe zu betrachten! Und die Stimmung war zu dem Zeitpunkt grandios, ich glaube, da dürfte niemand mehr gesessen haben. Zwischendurch holte John Mellencamp auch einen Konzertteilnehmer auf die Bühne, der dann am Mikro singen durfte – sehr nette Einlage.
Um 23.30 Uhr war dann Schluss. Freilich, die ein oder andere Zugabe hätte ich mir schon noch gewünscht, aber es war für mich eine runde Sache. Es hat sich mehr als gelohnt!
Und als nette Erinnerung bekamen ein paar von uns auch noch ein Guitar-Pick des Gitarristen geschenkt.
Mein Fazit:
John Mellencamp wird ja gerne der kleine Bruder von Bruce Springsteen genannt. Nach dem Gesehenen würde ich das nicht sagen. Freilich, es gibt gewisse Ähnlichkeiten, aber da waren auch genauso Ähnlichkeiten für mich da mit Bob Dylan oder auch den von mir sehr verehrten Brandos... John Mellencamp sehe ich als eigenständigen Künstler, der vielleicht eine Spur arrogant rüber kommen mag, aber das mag auch vielleicht nur der erste Eindruck sein.
Er ist ein großartiger Musiker mit einer tollen Band. Ein Konzerterlebnis der Sonderklasse.
An den Boss kommt für mich zwar nach wie vor keiner ran, aber es wäre schade, wenn es außer Bruce nicht noch andere tolle Musik(er) geben würde – und ein John Mellencamp gehört für mich jetzt mit dazu und dies auch ziemlich an vorderer Front.
Liebe Grüße auch an alle, die ich gestern treffen konnte! Schön wars!
Setliste:
1. Authority Song
2. No One Cares About Me
3. Death Letter
4. John Cockers
5. Walk Tall
6. The West End
7. Check It Out
8. Save Some Time To Dream
9. Cherry Bomb
10. Don't Need This Body
11. Easter Eve
12. Jack & Diane
13. Jackie Brown
14. Longest Days
15. Small Town
16. Rain On The Scarecrow
17. Paper In Fire
18. Crumblin' Down
19. If I Die Sudden
20. Pink Houses
21. R.O.C.K. in the U.S.A.
http://www.setlist.fm/setlist/john-mell ... 35d60.html@Ragman: wäre dann auch sehr gespannt, wie du dein Mellencamp Konzert dann findest – vielleicht magst du ja dann auch ein bissl berichten?