Frankfurt 3.7.2009: Ein (fast) perfekter Tag. Ein Konzertbericht von Thorsten Beckmann
Ich bin immer noch völlig geplättet, das Konzert im Frankfurt war einfach der Wahnsinn. Ich wollte mit meinem ausführlichen Konzertbericht von Frankfurt am 3.7.09 erst einige Zeit warten und dachte, dann hat das Bruce-Fieber und die Besessenheit vielleicht etwas nachgelassen und ich kann objektiv schreiben. Aber Pustekuchen, das Bruce-Fieber ist noch um kein Grad gesunken und die Besessenheit lässt auch keinen Deut nach.
Konzertkarten holen wir uns immer erst am Konzerttag, außer er spielt in einer kleineren Halle (wie 2007 in Mannheim und Köln). Diesmal hatte ich die Karten ausnahmsweise schon am Vortag bei EBAY ersteigert, Tribünenkarten für meine Frau und mich für zusammen 80,- EURO. Die Übergabe sollte vor dem Stadion erfolgen. Also haben wir uns am Donnerstagabend noch vor 23 Uhr hingelegt und wollten schlafen. Klappte nicht, aber egal, in ein paar Stunden ist ja Bruce-Time. Ich dachte, mit dem Alter wird man sicherlich ruhiger und besonnener (ich werde nächstes Jahr im Mai 50), aber wieder Pustekuchen. Ich war aufgeregt wie ein kleines Kind am Vorabend vor Heiligabend und das Kribbeln nahm von Minute zu Minute zu. Kinder gehen im Geiste noch einmal ihre Geschenkwünsche durch, ich baute mir in Gedanken eine Setlist nach der anderen zusammen. Gegen 2:30 Uhr ging ich noch einmal an den Computer, um bei German Tramps die Setlist von München zu lesen. War auch schon drin, und schon wieder gingen in meinem Hirn die Spekulationen, was er denn heute in Frankfurt alles spielen wird, weiter. Dann dachte ich, so, nun kannst du bestimmt einschlafen, klappte aber immer noch nicht. Irgendwann muss ich dann aber doch noch eingedusselt sein, um 6:30 Uhr klingelte der Wecker. Müdigkeit? Neee, nur Vorfreude auf mein Konzert-Highlight 2009.
Mit “Promised Land” aufgestanden, gefrühstückt bei “Backstreets” und “Jungleland”, dann ging´s an die Arbeit. Dort in der Pause Auszüge vom Hamburg-Konzert vom letzten Jahr gehört, um 13 Uhr war mit der Arbeit Schluss. Also habe ich mich zu den letzten Tönen des Hamburg-Konzertes im Büro umgezogen, Anzug und Schlips aus, Jeans und T-Shirt an. Dann holte ich ein befreundetes Ehepaar in Vellmar und meine Frau an ihrer Arbeitsstelle in Kassel ab und los ging´s. Während der Fahrt liefen diverse Konzertmitschnitte und erhöhten unsere Vorfreude. Als eine 81er Version von „Point Blank“ kam, drehte meine Frau die Lautstärke nach oben und meinte: „Vielleicht spielt er es ja heute, würde mich umhauen“. Ich antwortete nur: „Ja ja, träum´ weiter, hat er auf dieser Tour noch nie gespielt…“ Wie sehr ich mich da täuschte, sollte ich ein paar Stunden später erfahren… In Frankfurt angekommen, kam nun eine große Aufgabe auf uns zu, wir mussten trotz spärlicher Ausschilderung einen Parkplatz finden. Dies gestaltete sich schwieriger, als wir vorher ahnen konnten. Dann endlich, so gegen 16:30 Uhr, waren wir auf unserem Parkplatz nah am Stadion. OK, Parkplatz konnte man das nicht nennen, es war ein großer Wiesenacker mit nur einer einspurigen Zufahrt, kostete trotzdem noch 5,- EURO. Aber egal, gleich sehen wir ja den Bruce.
Also schnell ab zum Stadion, der Verkäufer unserer Karten wollte sich per Handy bei uns melden, Warten war also angesagt. Dabei haben wir viele Händler beim Kartenan- und -verkauf beobachtet, war interessant, im Schnitt gingen die Karten für 30,- bis 50,- Euro weg. Etwas nach 17 Uhr wurde ich nervös, unser Händler hatte sich noch nicht gemeldet. Unsere Freunde, die wir mitgenommen hatten, waren da schon entspannter, denn sie hatten ihre Karten am allerersten Tag des Vorverkaufs bei Eventim bestellt und so schon längst in der Tasche. Also habe ich selbst zum Handy gegriffen und unseren Händler angerufen. Er stand noch im Stau, 700 Meter vor dem Stadion. Weiter gewartet, um 18:30 Uhr meldete er sich dann, wir sollten die Karten am Eingang E3 abholen. Wir waren am Eingang E5, das kann eigentlich nicht weit weg sein. Dachten wir… Nun haben wir einige Ordner gefragt, wie wir dort hinkommen, die schienen aber keine Ahnung zu haben. Jedenfalls schickten sie uns in die falsche Richtung, aus dem schnellen Abholen der Karten wurde ein Gewaltmarsch. Einmal fast komplett außen um das Stadion herum, gefühlte 10 Km gelaufen, je später es wurde, umso hektischer wurden wir. Alle Eingänge haben wir gefunden, nur diesen verdammten E3 nicht. Unsere T-Shirts waren längst durchgeschwitzt und patschnass, aber egal, die Freude auf Bruce war weitaus größer als die Strapazen. Irgendwann, so gegen 19:15 war es dann soweit, wir erspähten Eingang E3 und da auch unseren Händler. Geld gegeben, Karten bekommen und rein ging´s. Dort ging die Suche weiter, wo geht es bitteschön zum Eingang zu unserem Block 23H? Aber auch das Problem wurde relativ schnell gelöst und kurz nach 19:30 Uhr waren wir auf unseren Plätzen. Wir wussten ja, dass er nie vor 20:10 Uhr anfängt, doch mit jeder Minute, die zerrann, stieg die Vorfreude, und das Kribbeln im Körper steigerte sich ins Unermessliche.
Um 20:23 Uhr war es dann soweit: Nils kam mit Akkordeon auf die Bühne und spielte “Muss i denn zum Städele hinaus”. Unten im Innenraum kochte es, in uns auch. Dann kam die E-Street-Band und der Boss himself auf die Bühne und ab ging´s. “Badlands”, zwar keine Überraschung, aber doch immer einer der Höhepunkte eines jeden Springsteen-Konzertes. Doch was war das? Um uns herum in unserem Block setzten sich alle hin, und das bei “Badlands”. Einzig meine Frau und ich hüpften wie Stehaufmännchen herum, sangen mit (Ooohhh ooohhh ooohhh, Ihr wisst schon), die anderen saßen wie in der Oper und kriegten gerade mal ein zurückhaltendes Mitklatschen hin. So etwas habe ich noch nie erlebt! Zum Glück wurden wir nicht angemacht und zum Hinsetzen aufgefordert, das hätten wir aber sowieso nicht gemacht. “Badlands”, wie kann man da ruhig sitzen? Unglaublich! Der Sound war nicht gerade berauschend, kam irgendwie etwas breiig rüber. Zum Glück wurde das im Laufe des Konzertes besser. Dann plötzlich “Adam Raised A Cain”, ich muss zugeben, das war noch nie mein Lieblingssong, war aber ok. Ich hätte mir eher ein “No Surrender”, “Out In The Street” oder “Prove It All Night” als zweiten Song gewünscht, aber egal, Bruce und die Band gingen voll ab. Danach “The Ties That Bind”, ein Partykracher ohne Ende, die Party fand aber immer noch nicht in unserem Block statt. Zwei einsame Hüpfer, sonst saß alles. Ich hatte “The Ties That Bind” das letzte Mal in Köln im Dezember 2007 gesehen, da bebte die Halle, heute bebte es nur im Innenraum (da aber heftig) und bei Vereinzelten auf den Tribünen. Dann kamen “My Lucky Day” und “Outlaw Pete” vom letzten Album, beide weitaus besser, als die Studioversionen. Gerade “Outlaw Pete” riss mit, tolle Video-Einspielungen auf der Videoleinwand im Hintergrund der Bühne, da kam ein richtiges Wild-West-Feeling auf. Eine sehr intensive Version, Bruce mit Cowboyhut am Ende des Liedes, toll! Dann “Hungry Heart”, und endlich standen unsere Mitstreiter in Block 23H auf, klatschten und sangen (noch vereinzelt) mit. “Seeds” war als nächstes dran, dieser Song hat mich nie so richtig überzeugt, auch heute nicht. Spielt er auf dieser Tour aber immer, wussten wir von vornherein, und egal, wir sahen ja den Boss. “Johnny 99″, auch nicht gerade mein Lieblingssong, kam live gut rüber, dampflockähnliche Gitarren, die Stimmung wurde eingeheizt.
Und dann…., ja dann kam der erste emotionale Höhepunkt für meine Frau und mich: “Factory”. Bruce mit akustischer Gitarre und Harp, mir lief es eiskalt den Rücken runter und die Tränen konnte ich auch nicht mehr zurückhalten. Hammer-Version! Dann “Something In The Night”, der nächste emotionale Höhepunkt. „Irre, Wahnsinn, das haut mich um“ dachte ich und in meinem Kopf überschlugen sich die Eindrücke. Nun kamen die “Wünsche” dran, die Band spielte “Raise Your Hand” und Bruce sammelte dabei wie immer die Blätter und Pappen in den vorderen Reihen ein. Ein Kameramann begleitete ihn, und auf den beiden Videoleinwänden konnte man schon einen Blick auf das eine oder andere Schild erhaschen. Waren einige Hämmer dabei, “Backstreets”, “Jungleland”, “Thunder Road”, “Lost In The Flood”, “Back In Your Arms”, ja, wenn er nur eins davon spielt, falle ich um, dachte ich… Los ging´s mit “I´m Going Down”, toll, wieder so ein Party-Kracher ohne Ende, und jetzt fand die Party auch in Block 23H statt. Hart und straight gespielt, die E-Street-Band hatte nun das ganze Stadion im Griff. Danach “Ramrod”, habe ich so früh im Laufe eines Bruce-Konzertes noch nicht erlebt, wenn es kommt, dann normalerweise erst viel viel später. Danach “Trapped”, und wieder flossen bei mir die Tränen. Hatte ich letztes Mal im letzten Jahr in Düsseldorf gesehen, da saß meine Mutter (sie geht auch schon auf die 70 zu, ist aber immer noch ein Riesen-Springsteen-Fan!) neben mir und hatte auch gaaanz feuchte Augen. Diesmal konnte sie nicht mit, war mit meinem Vater im Urlaub, hatten schon vor Bekanntwerden der Konzertdaten gebucht. Sie hat natürlich ununterbrochen an uns und das Konzert gedacht. Meine Frau hat ihr noch während des Liedes eine SMS geschrieben, habe ich erst später mitbekommen: “Trapped, Wahnsinn. Thorsten heult, wir denken an Dich”. “Trapped” war wie immer überragend, das komplette Stadion klatschte mit, überwältigend.
Es folgte “Because The Night”, immer ein Brett. So auch diesmal, ich hüpfte ohne Unterbrechung und auch die Sitzplatzschalen-Hocker wurden mitgerissen. Nun fing meine Stimme an zu versagen. “Ach du liebe Zeit, jetzt schon…” dachte ich, sang bzw. krächzte aber weiter kräftig mit. Nils mit einer nicht endenden Pirouette gegen Ende des Songs, da feierte das ganze Stadion. Das ging auch so weiter, “Waitin´ On A Sunny Day”, einer meiner Lieblingssongs von der “Rising”. Gegen Ende des Liedes gab Bruce, er suchte wie immer den engen Kontakt zu den Fans, das Mikrophon nacheinander an zwei etwa 10 jährige Kinder (vielleicht waren sie auch etwas jünger) weiter. Beide waren textkundig und sangen nun für die 42.000, wurden dafür mit tosendem Applaus belohnt. Der zweite Junge hatte den Text zwar sicher drauf, bekam den Takt aber nicht so ganz hin. Also dachte Bruce, das muss geübt werden, und er sang mit dem Jungen gemeinsam. Klappte zwar immer noch nicht perfekt, trotzdem gab es Jubelstürme. Dann “The Promised Land”, für mich einer seiner besten Songs überhaupt. Habe ich zwar schon zehntausendmale gehört, trotzdem geht jedes Mal mein Herz wieder auf. So auch diesmal, Anfang mit Harp, Freudenschrei und hüpfen, hüpfen, hüpfen. Und dann kam es: “Point Blank”! Bei den ersten Tönen sprang ich vor Begeisterung hoch und schrie vor Freude, als wenn Deutschland beim WM-Endspiel 2010 das entscheidende Tor geschossen hätte. Ich erntete viele verwunderte und auch mitleidige Blicke, die meisten in meiner Umgebung schienen “Point Blank” gar nicht zu kennen. Uns riss der Song voll mit, ist übrigens einer der Lieblingssongs meiner Frau, und, ja Schatz, ich habe in Deinen Augen auch das eine oder andere Tränchen gesehen. Dass meine Tränensäcke auch zu Höchstform auflaufen mussten, brauche ich sicherlich nicht besonders zu erwähnen. Um uns herum wurde es unruhig, die Leute quatschten, was das Zeug hielt, telefonierten mit ihren Handys, gingen Bier holen, drehten Zigaretten, und das bei “Point Blank”. Unglaublich. Aber egal, ich war längst in eine andere Welt – die Bruce-Welt – eingetaucht und genoss jede Sekunde. Dann kam “Kingdom Of Days”, Bruce widmete es Patti und seinen Kindern, toll gespielt. Dann folgten drei Kracher am Stück, “Lonesome Day”, “The Rising” und “Born To Run”. “Lonesome Day” und “The Rising” sind immer gern gehört, Bruce hatte das komplette Stadion voll im Griff. Auch in Block 23H gab es kein Halten mehr, es gab Begeisterungsstürme ohne Ende. Zu “Born To Run” braucht man eigentlich nichts zu sagen, spielt er seit Jahrzehnten immer. Ein Klassiker, jetzt erinnerte mich die Stimmung eher an Konzerte in südlicheren Ländern wie Italien (ich sage nur Milano) oder Spanien. Das Stadion tobt, alle singen, grölen, schreien mit. Sogar der Typ links vor mir, der bisher kaum die Arme hoch bekommen hatte, hüpfte plötzlich wie ein Gummiball. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, dass meine Beine anfangen wollten, zu versagen. Die Füße, Knie und Oberschenkel schmerzten tierisch, aber egal, wir durften mit Bruce und seiner Band zusammen feiern. Also Schmerzen vergessen und weiter rumgesprungen.
Nach “Born To Run” verabschiedete sich die Band, es war aber eigentlich kein Abschied. Sie blieben auf der Bühne, wahrscheinlich wegen dem Gesundheitszustand vom Big Man Clarence. So dauerte es nicht lang, bis die erste Zugabe kam, “Hard Times”, ein wunderschönes Lied. Dann folgte wieder einer der Höhepunkte, vielleicht sogar der Höhepunkt: “Jungleland”. Waaahnsinn! „Jungleland“, das mich schon Mitte der 70er vollkommen umgehauen hat, und genau das spielt er nun direkt vor uns. Die Gefühle, die mich schon bei den ersten Tönen überkamen, kann ich hier gar nicht in Worte fassen. Da fragt ein Typ neben meiner Frau doch tatsächlich: “Was ist das denn für ein Lied?” Als ich ihm antwortete „das ist Jungleland vom „Born To Run“-Album, einer seiner besten Songs überhaupt” schaute er irritiert, lächelte aber doch etwas. Später nach dem Konzert erzählte er: “Na ja, ich war eher wegen den Songs der neuen CD und der „Born In The USA“ hier, “Dancing In The Dark” war der Höhepunkt, die alten Stücke waren aber auch nicht schlecht”. Auch nicht schlecht? Halllooo, die waren der Überhammer, für jeden Fan der Wahnsinn…. Na ja, so gehen halt die Geschmäcker auseinander, er hat mir aber hoch und heilig versprochen, sich in der nächsten Zeit mal um die älteren Alben zu kümmern. “Jungleland” hat uns jedenfalls regelrecht umgerissen, Ihr wisst schon, mit Tränen der Freude. Besonders stark war das ellenlange Sax-Solo vom Big Man, überwältigend. Danach “American Land”, hat sich seit der letzten Tour zum Klassiker entwickelt. Stimmung? Weiter am Siedepunkt. Ich hatte inzwischen eine trockene Kehle und Durst ohne Ende, aber zum Rausgehen und Getränkholen hätten mich keine 10 Pferde gebracht. Ich kann doch nicht einen Ton vom Konzert versäumen, da macht mir doch so ein Firlefanz wie Durst nichts aus. Und tatsächlich, Bruce ließ mich den Durst vergessen, denn der Durst auf seine Songs war stärker.
Dann kam “Bobby Jean”, wir hatten eher mit “Glory Days” gerechnet, aber “Bobby Jean” ist für meine Frau und mich neben “Downbound Train” der Überhammer des „Born In The USA“-Albums. Also vor Freude wieder rumgehüpft, Arme in die Luft und weiter gefeiert. Jetzt kamen mir ganz viele Sachen in den Sinn. “Bobby Jean” lief bei uns im Sommercampingurlaub 1984 in unserem Kassettenrecorder hoch und runter und plötzlich hatte ich wieder so ein Sommerurlaubsfeeling. Dann dachte ich an das Konzert 1985 in Frankfurt, als wir zu “Bobby Jean” damals noch im Innenraum begeistert rumgehüpft sind, ja, ich liebe diesen Song! Dann “Dancing In The Dark”, live immer wieder ein Genuss (ganz im Gegenteil zu der seichten Studio-Version, aber auch da gehen die Geschmäcker stark auseinander). Das Stadion tobte, und als er sich danach wieder verabschieden wollte, wurde es vor Begeisterungsstürmen noch lauter. „Ooohhh, ooohhh, ooohhh“, Ihr wisst schon, “Badlands”-Mitgröl-Passage. Bruce holte plötzlich einen Kameramann auf die Bühne, zeigte mitten ins Publikum und irgendwann war die Kameraeinstellung dieses Mannes auf den Video-Leinwänden zu sehen. Da hielt einer sein Request-Schild mit “Twist And Shout” hoch, und alle, ja wirklich alle schrieen vor Begeisterung. Ich hatte es ja stark gehofft, hatte aber eher mit “Rockin´ All Over The World” gerechnet. Also flossen die nächsten Freudentränen, wieder wie ein Stehaufmännchen rumgehüpft, diesmal aber gemeinsam mit den anderen 42.000. Sogar ein bestimmt fast 80-jähriger Mann links hinter uns war vollkommen außer Rand und Band, machte begeistert mit. So muss das sein, eine einzige Bruce-Familie vom Kleinkind bis zu den “älteren Semestern”. Bruce dirigierte beim „La Bamba“-Zwischenpart mit “A Little Bit Louder Now” und “A Little Bit Softer Now” die Lautstärke im Publikum und alle machten mit. Fast alle, denn als er die Sache a little bit softer haben wollte, gab es doch einige Spinner, die von hinten anfingen zu pfeifen. Unglaublich! Aber egal, es wurde ja auch wieder a little bit louder und die Stimmung hatte den Siedepunkt längst überschritten. Danach war Schluss, nach über 2 Stunden und 50 Minuten! Da können sich andere Live-Acts mal eine Scheibe dran abschneiden und spätestens jetzt war allen klar, Bruce ist der beste Live-Act aller Zeiten. Ein Konzert von ihm ist nicht nur ein Konzert, es ist ein unvergessliches Erlebnis. Ein Vater mit seiner Tochter rechts über uns hatten auch das Konzert am Vortag in München gesehen. Sie meinten: “München war toll, aber Frankfurt war noch besser. Seine Konzerte sind immer überragend, aber heute das war gigantisch und legendär”. Auch lange, nachdem die Band die Bühne schon verlassen hatte, beruhigte sich die Stimmung im weiten Rund nicht, von überall waren laute „Ooohhh ooohhh ooohh´s“ und langgezogene „Bruuuuce“-Rufe zu hören.
Beim Herausgehen haben wir nur glückliche Gesichter gesehen. Als wir uns mit unseren Freunden am vorher abgesprochenen Treffpunkt trafen, sind wir uns alle vor Begeisterung erst mal um den Hals gefallen. Er hatte Bruce schon live gesehen, sie vorher noch nicht. Sie meinte nur: “So etwas habe ich noch nie erlebt. Ihr habt mir ja immer vorgeschwärmt, aber dass es so überragend wird, hätte ich nicht gedacht. Ich habe noch nie bei einem Konzert vor Freude geweint, heute war es mehrmals soweit. Das war wie ein Kurzurlaub, alle Sorgen waren vergessen, so etwas schafft wohl nur der Bruce. Er spielt seine Lieder nicht nur, er lebt sie. Unbeschreiblich.”
Nun kam der unangenehmere Teil des Abends. Unser Auto haben wir schnell gefunden, aber wir kamen nicht weg. Einspurig ging´s in einen nicht endenden Stau, vom Parkplatz kam alle paar Minuten nur ein Auto auf die Straße. Aber egal, wir hatten ja gerade ein unvergessliches Konzert gesehen, da ließen wir uns die Stimmung nicht vermiesen. Aus den Boxen in unserem Auto dröhnte das 1978er Winterland-Konzert, und erst als es vorbei war (und das ist sehr sehr lang) hatten wir die Autobahn erreicht. Wie haben die das in Frankfurt denn bei ausverkauftem Stadion während der WM 2006 geschafft? Gab es da auch immer nicht enden wollende Staus? Wie dem auch sei, wir fuhren gutgelaunt wieder Richtung Kassel, kauften uns an einer Autobahnraststätte eine überteuerte kalte Flasche Cola (natürlich Light, unserem Alter entsprechend) und hörten das Milano-Konzert 2003. Zuhause angekommen, es war schon fast 4:00 Uhr, noch schnell bei German Tramps reingeschaut, dann ging´s ins Bett. Und diesmal konnte ich auch problemlos einschlafen. Am nächsten Morgen völlig geplättet wieder mit “The Promised Land” aufgewacht, gemerkt, dass die Stimme versagt und nur noch ein Krächzen zu hören ist, ja, und der Muskelkater in den Beinen… Aber egal, wir hatten ja die unauslöschliche Erinnerung an ein legendäres Konzert. Bruce ist der Boss!!! Thorsten Beckmann
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