Der Perfektionismus, der einem von der Bühne entgegenstrahlt, ist so unheimlich wie respekteinflößend.- Hier feiert sich eine Legende. Hier recken sich vier Säulen der Rockmusik der 70er-Jahre hoch in den Pop-Olymp. Hier wird Musikgeschichte auf höchst imposante Weise sozusagen nacherzählt und mit den technischen Entertainment-Möglichkeiten moderner Zeiten aufbereitet. Die kalifornischen Eagles sind am Sonntag Abend in der mit rund 11 000 Besuchern gefüllten O2 World gelandet. Und spielen sich einmal mehr durch all die Hits, die einst eine ganze Ära prägten.
Die vier Adler an vorderster Front sind in Bestform, auch wenn sie erst im zweiten Teil des Abends mehr bieten als routiniertes Handwerk. Die Anfangssechziger sind bestens bei Stimme und wissen die möglichen Schwierigkeiten in den hohen Lagen bestens zu umschiffen. Gitarrist Glenn Frey, Schlagzeuger und Gitarrist Don Henley, Gitarrist Joe Walsh und Bassist Timothy B. Schmit wechseln sich mit geradezu demokratischer Korrektheit beim Gesang ab, während die anderen die so Eagles-typischen Chorgesänge beisteuern. Die mehr als drei Stunden währende Show ist exakt einstudiert wie eine Broadway-Revue, für Zufall oder Spontaneität ist da kein Platz.
Es ist wenige Minuten nach Acht, als die Eagles mit ihren Begleitmusikern, darunter eine Vier-Mann-Bläser-Crew, ein zusätzlicher Schlagwerker sowie als weiterer Gitarrist der versierte Stuart Smith, ins Rampenlicht treten und mit gleich drei Stücken vom aktuellen, freilich bereits Ende 2007 erschienenen Doppel-Album "Long Road Out Of Eden" die Show eröffnen. Der Applaus für "How Long", "I Don't Wanna Hear Anymore" und "Guilty Of The Crime" ist allerdings eher höflicher Natur. Die Eagles scheinen das erwartet zu haben und setzen mit "Hotel California" ihren größten Hit gleich an die vierte Stelle des abendlichen Spielplans. Und von nun an tobt und kocht der Saal, egal, ob alte Bekannte oder neue Stücke erklingen. Wobei die neuen Songs so sehr nach altem Muster gewebt sind, dass sie sich bestens in den exzellent ausgesteuerten Klangteppich einfügen.
Außer einer Begrüßung zu Beginn durch Glenn Frey ("Hello Berlin, we are the Eagles, we are the ancient ones, the band that wouldn't die") und später einer Vorstellung der einzelnen Musiker bleibt die Show eher wortkarg. Hier spricht allein die Musik. Und das Pensum ist enorm. In schwarzem Anzug, weißem Hemd und Krawatte präsentieren die Chefs des Eagles-Konzerns ihr zu Späthippiezeiten erblühtes Produkt zunächst etwas steif. Vor allem Rabauke Joe Walsh wirkt in diesem Manager-Outfit höchst deplaziert. Das wird sich aber nach der Pause, in die die Band ihr Publikum mit "The Long Run" schickt, glücklicherweise ändern.
Alles ist korrekt und so hochglänzend wie ein aufpolierter Straßenkreuzer. Einzig Joe Walsh darf mit brachialen Gitarrenausbrüchen etwas aus der Reihe tanzen, aber auch das ist natürlich geplant und einstudiert. Dieser Abend mit den Eagles hat durchaus Eleganz und Größe. Er zeigt, wie eine in die Jahre gekommene Band erstklassiger Musiker ihr Werk mit Würde und Geschäftssinn zu verwerten versteht.
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