Robert the Boss hat geschrieben:
Kein Cineast nimmt die Oscars ernst.
Wer ist schon Cineast?
Würdest Du Dich selbst so bezeichnen?
Ich nenne mich Filmfan und bin von Berufs wegen Filmexperte.
Wenn man die Oscars als Teil des gesamten Film-Entertainments wahrnimmt, sind sie durchaus unterhaltsam.
Die Verleihung interessiert mich nicht, wohl aber meist, wer welchen Oscar erhalten hat.
In diesem Jahr sind sie mir allerdings fast völlig gleichgültig.
Mit einer Ausnahme:
Ich würde mich freuen, wenn
Heath Ledger ihn NICHT erhält.
Er würde ihn nämlich nicht für seine - zugegeben überzeugende - Leistung als Joker erhalten, sonder nur deshalb, weil er jüngst über den Jordan gegangen ist.
Aber so lange
Ed Harris und
Harvey Keitel keinen Oscar kriegen, bleibt ohnehin alles fragwürdig.
Da findet sicher jeder Filmfan einige unprämierte Schauspieler und Filme.
Überaus interessant finde ich es, bei den Oscars die Mechanismen der Verleihung zu betrachten.
Ein paar Beispiele:
Martin Scorsese - einer der ganz großen Regisseure, leider mit all seinen Meisterwerken stets leer ausgegangen.
Dann dreht er
Aviator, mit dem er Hollywood in den Hintern kriecht, um endlich mal den Regie-Oscar einzufahren.
Der Plan misslingt, hinterher weint er in jede Kamera.
Kurz darauf: Regie-Oscar aus Mitleid für
The Departed - ein packender, aber wenig origineller (da Hong-Kong-Remake) Thriller, der vom Original qualitativ um Längen geschlagen wird.
Ich konnte auch keine besonderen Regie-Impulse entdecken, die ihn für diesen Oscar empfohlen hätten.
Am Rande bemerkt: DiCaprio kann seinem Pendant Tony Leung aus dem Original durchaus das Wasser reichen.
Aber Andy Lau ist so viel besser als Matt Damon.
Nicholson und seinen Vorgänger kann ich schwer vergleichen.
Haben beide was.
Das alles ist jetzt natürlich eine höchst subjektive und geradezu polemische Darstellung meinerseits.
Ganz falsch liege ich damit aber wohl nicht.
Interessant auch:
Der Herr der RingeDazu mag man stehen, wie man will - ist eben Fantasy und nicht jedermanns Sache.
Fakt ist, dass es eins der aufwändigsten Projekte ist - wenn nicht das aufwändigste -, die Hollywood je gesehen hat.
Wenn man die Oscars mit Qualität gleichsetzt, könnte man denken, Teil 1 und 2 seien viel schlechter als Teil 3 - obwohl die Filme letztlich eine Einheit darstellen.
Tatsächlich mag sich ein Großteil der Academy-Mitglieder gedacht haben:
Ich warte mit meinem Votum mal bis zu Teil 3.
Ergebnis: Wenigstens stellt die Trilogie
Titanic Oscar-mäßig in den Schatten.
Das allein ist schon Existenzberechtigung.
Ach ja -
Titanic.
Schauen wir doch mal, welche Filme er geschlagen hat:
Nominiert als bester Film waren:
-
Besser geht's nicht (grandios, immerhin haben Nicholson und Hunt die Hauptrollen-Oscars abgesahnt),
-
Ganz oder gar nicht (herausragend, aber wann würde die Academy eine englische Arbeiterkomödie prämieren?),
-
Good Will Hunting (typisches Hollywood-Selbstfindungs-/Beziehungskino),
-
L.A. Confidential (!!!).
Da war unschwer vorauszusagen, dass Titanic den Oscar kriegt.
Ob's wirklich der beste dieser fünf Filme war, lasse ich mal dahingestellt.
jerseyladys Kommentar dazu güldet nicht!
Einige Oscars gestehe ich der Schmonzette durchaus zu - etwa die für Ausstattung, Kostüm-Design und visuelle Effekte.
Titanic ist aber der beste Beweis dafür, dass die Gleichung
viele Oscars = Meisterwerk nicht aufgeht.