Ole, Ole, ich durfte dabei sein, in Götheborg. Bei dieser Magischen Nacht.
Und das kam so: Ich hab nen alten Kumpel in Schweden, den Thore (Name von der Redaktion amtlich geändert). Den kenne ich schon ewig. Seit, ach du lieber Himmel, da werde ich ja beim Nachrechnen blass, 20 Jahren.
Damals kam er, nach Deutschland. Mit seiner Jugendfußballmannschaft. Und hat bei unserem Pfingstturnier teilgenommen. Und ich hab’ ihn beherbergt, den Thore. Seitdem sind wir Brieffreunde. In der ersten Zeit ziemlich häufig, später weniger, in manchen Jahren hatte es nur noch für ne Urlaubskarte gereicht. Aber abgerissen ist der Kontakt nie. Und das will was heißen bei mir, als anerkanntem Schreibfaulen.
Aber das schärfste ist ja, dass wir bis vor ein paar Jahren keine Ahnung hatten, dass wir beide auf Bruce stehen. Unsere Themen kreisten eher um Fußball, Freunde, die Bundys und Alf. Halt das ganze wichtige kulturelle Zeugs.
Uuund, was natürlich auch scharf ist, seit jenem denkwürdigen Pfingstturnier haben wir uns die ganzen Jahre nie wieder gegenseitig ins Triefauge blicken können. Mich hats im Urlaub immer mehr gegen Süden gezogen, er liebt halt seine Fjorde, der olle Schwede.
Durch die unglaubliche Erfindung des Internets haben sich unsere Kontakte wieder ziemlich intensiviert, vor allem, seit wir irgendwann gepeilt hatten, dass wir beide, äh, nun ja, heiße Bruce-Fans sind.
Und deshalb war sonnenklar: Bei dieser Tour, jetzt oder nie, werden wir es hinkriegen, uns zu treffen. Nach all den Jahren. Schnieef.
Und Thore wollte auch gerne nach Gelsensomething kommen, wie er sich auszudrücken pflegt
. Da machte ihm aber sein Boss, nicht zu verwechseln mit unser aller Boss, einen Strich durch die Rechnung.
Daraufhin hat er mich dazu überredet, die lange, gefahrenvolle Reise nach Schweden auf mich zu nehmen
. Nach Götheborg. Ich durfte mir gerade mal den Abend aussuchen, eins oder zwei.
Als alter Springsteenjaner hab’ ich kurz und messerscharf überlegt, und mich SELBSTVERSTÄNLICH für den zweiten Abend entschieden, da ja unser aller Boss, Bruce, nicht der von Thore, an diesen zweiten Abenden in der Regel was besonderes auf der Pfanne hat
. Wie viel er an diesem Abend dann tatsächlich auf der Pfanne haben sollte, davon konnte ich beim besten willen nix ahnen...
Und so bin ich an einem trüben Tag in See gestochen, nach Schweden, das Herz foller hoffen und föhlichen Mutes... Äääh, Asterix, ab in die Kiste zurück... `tschuldigung... Weiter im Text...
Ankunft in Götheborg, Samstag nacht. Thore holt mich ab, noch total gepuscht von dem ersten Konzert. Erst mal riesen Gelächter: Der etwas dicke Typ mit den wenigen Haaren und dem Wickinger-Bart sollte Thore sein
??? Mein schmächtiger Thore, dieser elegante Flügelstürmer aus Kindertagen
??? Dessen Name auf dem Fußballplatz Programm, natürlich ohne H, war??? Merkwürdigerweise musste er genauso lachen, und dabei trage ich gar keinen Bart...
Oh weh... was für eine Nacht in Schweden. Laue Temperaturen, viel Fachgehsimpel, viel Schwedentrunk, noch mehr
... Und Thore seine Kumpels dazu... die dem Deutschen unbedingt beweisen wollten, dass dieser zwar bei den
mitreden kann, aber dafür in Punkto Alkohol trinken ABSOLUT keine Ahnung hat
, und dringenst der Nachhilfe bedarf... Was peinlicherweise
mit dem zweiten Teil meiner Überschrift zu tun hat. Nur soviel: nach gewisser Zeit und Menge mit diesem Schwedenszeugtrunk sieht man sie tatsächlich, die Elche. Und der Rest ist jetzt Schweigen...
Sonntag, der große Tag. Zum zweiten mal, nach Ludwigshafen, mit dickem Kopf zum Boss. Aber eine wahnsinnige Freude meinerseits. Das hatte ich noch nie: Zum Auswärtsspiel zu Bruce. Einfach mal was ganz anderes, als immer die doch ewig gleichen Hallen und Stadien in Deutschland. Und dann gleich Schweden, magisches Schweden. Es ist schon verrückt, wieso eigentlich gerade Schweden??? Aber es ist wirklich ne besondere Beziehung, die die Schweden und der Bruce da zusammen pflegen. Ganz Götheborg ist auf Bruce eingestellt. Es ist das Top-Ereignis des Jahres. Die erste Show war innerhalb einer Stunde ausverkauft, bei der zweiten haben sie sich hängen lassen, die Schweden
. Dafür brauchten sie doppelt so lang, bis es sold out war. Undenkbar in Deutschland.
Früher Nachmittag, Ankunft am Stadion. Irgendwie bekannt, die Schüssel, aus dem Fernsehen, von Sportübertragungen. Aber doch beeindruckend, jetzt selbst drin zu stehen. Hübsche Architektur. Die Tore sind schon auf, problemloser Einlass, kein Stress. Um die ersten Reihen ging es uns eh nicht. Elchgeschädigt wie auch meine alten Schweden waren. Wir bezogen gemütlich Stellung auf halbem Weg zwischen Bühne und Mischpult.
Und dann gings los. Meine Güte, was für eine Stimmung im Stadion, je näher es auf den Konzertbeginn losging!
Ich hab gedacht ich steh in Spanien oder in Italien. Ne Stimmung wie aufm Fußballplatz. Äääh, natürlich standen wir ja auch aufm Fußballplatz, aber ich denke, ihr wisst was ich meine. So was kenne ich von daheim jedenfalls nur, wenn Deutschland Weltmeister geworden ist. Mindestens. Ich hab mir nur die ganze Zeit gedacht: „Wie die sich wohl erst freuen, wenn der Bruce auch noch auf die Bühne kommt...“
Jo. Und dann kam er Und die Jungs. Durch die Gnade der frühen Geburt hab ich ihn ja schon in 81 in der Festhalle gesehen, und ich meine halbwegs beurteilen zu können, wann etwas bei ihm in der Luft liegt. Keine Ahnung was das genau ist... wie er geht, wie er schaut, wie er one, two, three bellt... wahrscheinlich ne Mischung aus allem. Jedenfalls, mir war recht schnell klar, dass der gute Boss uns an diesem Abend schlicht und ergreifend fertig machen wollte. Aber das war ja soweit ein wunderbarer Konsens, zwischen uns und ihm. Denn wir, das Publikum, wollte ihn auch schlicht und ergreifend fertig machen. Und so haben wir uns schön gegenseitig hochgeschaukelt.
Nach den ersten 4, 5 Songs fragte er sinngemäß ob das Stadion noch stehen würde. Und meinte dann, dass wir uns darüber später noch mal unterhalten würden...
Natürlich stand das Stadion hinterher nicht mehr. Alles nur noch Schutt, Rauch und Asche. Und paarnfünfzigtausend singende und klatschende Schweden mitten in den Ruinen. Damit wir uns richtig verstehen: das war nicht nur Bruce und die Band, die das Stadion auf dem Gewissen haben, das Publikum trägt zu 50% Schuld! Das beeide ich vor jedem Schwedischen Elch-Gericht
!!! Das war Bruce-Mania. Den Teil habe ich bis jetzt noch nicht verdaut. Die coolen Nordländer. Ich lach mir nen Ast.
Ich denke, ihr habt alle die Setlist gelesen. Dazu brauche ich wohl nix zu sagen. Meine Meinung ist sowieso, dass Setlists eher was für die daheimgebliebenen sind, zum freuen, diskutieren, spekulieren, ärgern... Wenn man auf dem Konzert ist, zählt nur noch der Moment, das Happening, was gerade passiert. Und das kann nie so ganz schlecht sein, wenn man bei Bruce ist. Und offen und berührbar ist.
Es gab tolle Momente, Songs die ich lange nicht oder noch nie live gehört hatte... Aber das war letztlich „nur“ das Füllmaterial für einen grandiosen Abend. Eine wirkliche Sensation war nur der Schluss, als Twist & Shout tatsächlich NOCHMAL gespielt wurde. Das hat wirklich den stärksten Elch umgehauen...
Aber meine Freunde wussten ja zum Glück, wie sie dem Elch wieder auf die Beine helfen konnten... Nach dem Konzert, mit dem Gebräu, mit dem ich schon am Vorabend so glücklich in Berührung gekommen war...
Montag, in aller Herrgottsfrühe, musste ich leider Abschied nehmen
. Schweden war ne Reise wert. Thore und ich haben uns geschworen, dass wir uns diesmal schon nach 15 Jahren wieder treffen wollen...
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PS: Einer von Thores Freunden ist Fotograf, und hat einen guten Draht zu Nils Lofgren. Er hat Montag mit Nils telefoniert. Und das hier ist das, was Nils sagte, und wie es Thore mir heute per Email übermittelt hat: “My photo friend spoke with Nils yesterday over the phone and Nils then said that Bruce had tears in his eyes after the show.”