Mr_Highriser hat geschrieben:
Ich zitiere den Officer: " I should have thought that a pack of british boys- you're all british, aren't you?- would have been able to put up a better show than that."
Dadurch wird zunächst einmal betont, dass dieser kleine "Krieg" zwischen britischen Kindern vor sich ging. Nicht etwa zwischen zivilisierten britischen Kindern und Zulus, sondern innerhalb der britischen Gemeinschaft.
Ein bisschen drehen wir uns im Kreis, oder? Auf die Textstelle war ich schon mal eingegangen. Golding sagt damit im Kern, dass man nicht dadurch ein besserer (oder "guter") Mensch wird, dass man als Brite geboren wird, sondern durch das britische System. Das Chaos auf der Insel entsteht, weil sich Jack und seine Anhänger nicht mehr an das von Ralph propagierte britische System halten wollen. Genauso wie es (aus Sicht der Briten) Chaos bedeutete, als sich die Kolonialreiche lossagten, also das britische System ablehnten.
Zitat:
Und es ist ja auch so, dass es nicht von Anfang an zwei Systeme (Ralph und Jack) gibt, sondern zunächst nur das von Ralph. Das bedeutet, dort ist eine Horde britischer Kinder welche eine Art Staat bildet. Von mir aus eine parlamentarische Monarchie. Alle Kinder sind britisch und alle akzeptieren zunächst dieses System.
Eben, und am Anfang läuft alles super, zivilisiert und organisiert ab, erst als Ralph und damit auch "sein" System infrage gestellt wird, kommt es zur Spaltung und zur Katastrophe.
Zitat:
U.a. aufgrund der hier schon vielfach diskutierten und erläuterten Führungsschwäche Ralphs kommt es dann innerhalb dieses Systems zu Widerständen und letztendlich zu Faschismus. Es geht also nicht darum, dass die Kinder weit von der Zivilisation entfernt sind und dann böse werden (denn Ralph, Simon,Piggy,... werden ja auch nicht böse).
Natürlich nicht, sie versuchen ja auch an Ralphs System (dem britischen also) festzuhalten. Das ist doch grade der Punkt. Außerdem wenn es bei Jacks System nur um Faschismus ginge, warum lässt er sich dann "Häuptling" (also den typischen Titel eines Anführers einer Stammesgesellschaft wie zB die Zulu) nennen und sich nicht den faschistischen Titel "Führer" geben. Grade im Englischen wäre das mit dem dann mehrdeutigen "leader" einfach gewesen.
Zitat:
Und gerade die Tatsache, dass der Officer die oben genannten Sätze sagt zeigt doch, wie anmaßend es eigentlich ist zu denken, dass das Britische System gefestigt scheint, dass britische Menschen Demokraten sind.
Ja, Briten sind keine besseren Menschen, das Golding davon ausgeht, hab ich nie geleugnet. Es geht um den Punkt, dass er der Meinung ist, dass das britische System die Leute zu besseren Menschen macht, während ein Stammessystem (noch mal als Beispiel: wie das der Zulu) "schlechtere" Menschen erzeugt.
Zitat:
Die Kinder haben doch gezeigt, dass dies gerade nicht so ist. Nicht allein der Zulu ist der Wilde, sondern auch der Brite und dieser wird eben nicht wild, weil jegliche staatliche Kontrolle und Zivilisation nicht vorhanden ist, sondern er wird wild innerhalb eines staatsähnlichen Systems.
Aber es ist die Lösung von Ralphs britischen System, das ihn wild werden lässt. Das britische System zivilisiert die Menschen, das unbritische Stammessystem, wie es Jack verfolgt, macht den Menschen zu einem bösen Monster, das absurde Rituale vollführt und grundlos andere Menschen tötet.
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Kurzum: Golding sagt, dass wird (die westliche Welt) nicht denken soll, dass unsere Systeme gefestigt sind, dass die Demokratie schon von selbst läuft, sondern das wir sie stützen müssen, u.a. durch Erziehung.
Das ist richtig. Bloß hat er dabei eben ein schrecklich falsches Klischeebild von den nicht britischen (oder meinetwegen auch nicht demokratischen) Stammessystemen, wie sie in vielen der ehemaligen britischen Kolonialreichen vorgeherrscht haben.