Bruce Springsteen Forum

Hi
Mich würde interessieren,wie ihr die Live Events von Bruce & E-Street Band seht.Werden sie immer besser?Ich weiß das nächste Konzert ist immer das beste,aber ich habe hier schon Meinungen gelesen,die besagen,daß sie früher besser waren(Winterland).Ich habe sie das letzte Mal in HH gesehen.So viel Energie.Unglaublich!Ich kann mir nicht vorstellen,daß sie je besser waren.Gerade deshalb würde mich eure Meinung interessieren.Hat jemand vielleicht schon vor '84 Konzerte besucht?Kenne frühere Konzerte nur von Bootlegs.Versteht mich nicht falsch,ich liebe auch die alten Sachen,aber heute hört sich alles einfach noch viel ausgereifter an.Einfach perfekt.Das stört evtl.wieder einige.Bin gespannt auf eure Meinungen.
Ciao
Wasy

Das aus meiner Sicht:
Im Vergleich zu 1992-93 und 1999-2000 (Tourneen, die ich erlebt habe) sind Bruce & ESB tatsächlich besser drauf. So paradox es klingt: gerade Bruce wirkt um Jahre jünger, macht noch mehr Faxen und tobt noch mehr auf der Bühne rum. Auch Clarence wirkt im Vergleich zur letzten Tour deutlich agiler und scheint noch mehr Spaß zu haben. Vom musikalischen her gebe ich Dir recht, daß es ausgereifter ist als früher.

Zu allen früheren Auftritten kann ich auch nur per Bootleg Stellung nehmen, aber ich wäre vorsichtig mit Vergleichen mit 1978 oder 1980. Ich denke, diese unglaubliche Leidenschaft hat Springsteen heute nicht mehr. Wenn ich mir das Largo 78-Video ansehe, dann scheint es, als hätte er damals jeden Song so voller Inbrunst gesungen, als würde sein Leben davon abhängen. Ich denke, zu der Zeit und auch noch später war er vom Rock&Roll noch wirklich gefangen und beseelt.
Heutzutage ist das mehr ein Job für ihn (den er natürlich fantastisch erledigt!). Man kann aber den dreifachen Familienvater mit der Reife und der Verfassung von heute nicht mit dem Irrwisch aus den 70ern vergleichen.

Soweit meine Meinung.

Moin, moin,

kann mich dem Gesagten nur anschliessen: man kann den "alten" (d.h. den jungen ) nicht mit dem aktuellen Bruce vergleichen - jedenfalls nicht in den Kategorien "besser" oder "schlechter".

Als ich Bruce 1981 in Hamburg sah, war das noch eines seiner legendären fast 4 Stunden-Konzerte. Das war keine "Show" im heutigen Sinne, das war eine einzige R'n'R-Party. Die Erinnerung verblasst zwar etwas, aber ich meine, dass viele Sachen sicher nicht so eingespielt und perfekt waren, wie sie es bei der aktuellen Tour sind - eher spontan und wilder (allein sein Solo bei "Cadillac Ranch", bei dem er auf die gestapelten Lautsprecherboxen am Bühnenrand geklettert ist - Mann, was haben die Dinger gewackelt...). Guckt Euch mal die "Thunder Road"-Version auf der Anthologie-DVD an, dann wisst Ihr, was ich meine.

Also: meiner Meinung nach gab's den wilden unverbrauchten Bruce 1981, danach die Phase, wo es immer professioneller und durchgestylter wurde. 1999/2000 lebte von der Reunion und der Freude, wieder zusammen unterwegs zu sein. Zumindest das Berlin-Konzert 1999 war jedoch in meiner Erinnerung statischer als es die LINYC-DVD wiedergibt, oder?
Und aktuell? Routiniertes, perfektes Zusammenspiel als Basis für improvisierte Kabinettstückchen und Jokes gepaart mit unbändiger Lebensfreude und dem ehrlichen Bemühen der gesamten Band, night after night after night einen guten Job zu machen und jedem Publikum das Gefühl zu geben, dieser eine Abend ist ein ganz besonderer Abend (was er auch ist). Nennt mir eine andere Band, die so etwas kann und auch tut...
Man kann diese Phasen nicht vergleichen. Alle haben ihren Reiz.

Gruß,

t_r

Die Frage kann ich nur aus meiner eigenen Erfahrung heraus beantworten. Das erste Mal habe ich Bruce und die
E Streeters 1988 in München gesehen - es war das beste Konzert meines Lebens. Die Band - von einer Horn-Section brilliant unterstützt - sprühte vor energie und Spielfreude; Bruce war drahtig, muskelbepackt und wirkte - trotz seines Alters - extrem jugendlich, engagiert - und verliebt ... Nie zuvor noch später habe ich eine derartige Performance erlebt (32er Song Set!!!!). Nach dem grandiosen Main-Set (Tunnel Of Love, Boom Boom, Adam Raised A Cain, Downbound Train, All That Heaven Will Allow, The River, Badlands, Cover Me, Brilliant Disguise, Spare Parts, War, Born In The USA, Chimes Of Freedom, Paradise By The "C", Who Do You Love/ She's The One, You Can Look (But You Better Not Touch), I'm A Coward, I'm On Fire, Tougher Than The Rest, Because The Night, Dancing In The Dark, Light Of Day) und einem Hammer-Encore (Born To Run (acoustic), Hungry Heart, Glory Days, Bobby Jean, Cadillac Ranch, 10th Avenue Freeze-Out) gab es über eine halbe Stunde einen Rock'n'Roll Zugabenteil, der alles in den Schatten stellte (Sweet Soul Music, Raise Your Hand, Twist And Shout, Having A Party, Do You Love Me ...). Bruce - immer noch Rock's Hottest Ticket - und seine Band wollten einfach nicht runter von der Bühne. Gut, natürlich war Little Steven nicht mehr von der Partie, aber Nils war dadurch ununterbrochen gefragt und Bruce schüttelte ein Solo nach dem anderen aus seiner Gitarre ...

Der Unterschied beim 1993er Konzert - Bruce als Familienvater mit neuer Tourband unterwegs - waren setmäßig bereits eklatant: Ein toller Solo-Einstieg (Darkness On The Edge Of Town, Adam raised A Cain, This hard Land) Sehr viel Material vom damals aktuellen Doppelalbum (mit teilweise sehr guten, teilweise aber auch deutlich schwächerem Material ...), einige gelungenen Cover Versions (Who'll Stop The Rain, Rocking All Over the World) und einige Bruce-Klassiker machten eins ganz klar: Trotz (zu) demonstrativ gezeigter Spielfreude und Partylaune von Bruce kam der Sound speziell beim älteren Material nicht an den Swing der E Streeters 'ran; bei manchen Songs wirkte dies sogar fast peinlich (Born To Run, Bobby Jean etc.). Und ich kritisiere damit gar nicht so sehr die Gitarren; für mich fehlten der volle Sax-Sound des "Big Man" und die perfekte Rhythm-Sektion von Bass und Drums ...

Das geniale "Tom Joad" Konzert 1996 zeigte mir dann zum ersten Mal die Richtung, die Springsteen bis ins hohe Alter einschlagen kann: ein akustisch begleiteter Geschichtenerzähler mit Stories zum Schmunzeln oder Nachdenken. Er wirkte etwas korpulent, hatte wenig Haare auf dem Kopf, sah seltsam fremd im Anzug aus und stets um Ruhe im Publikum bemüht. Das wichtigste Detail: Bruce hatte seine Stimme verändert; sie war nun endghültig tiefer geworden und die Betonung war im Stil seiner Folk-Vorläufer sehr gedehnt ...

Und dann doch noch eine Wiederauferstehung der "alten" E Streeters aus der Asche: München, der erste Gig der "Reunion Tour" '99, war zwar ein Triumph, aber es hatte sich unüberhörbar musikalischer Rost angesetzt. Die Maschine war zu Beginn der Tour noch nicht richtig in Gang gekommen; speziell die Sax-Soli von Clarence wackelten und es gab Abstimmungsschwierigkeiten. Bruce übertrug seine "neue" Rock-Stimme (sie erinnert oft an die Art, wie Bruce zu "Born To Run"-Zeiten sang ...) auf alte Songs - und erzielte dabei tolle Ergebnisse: "The River", "Backstreets" etc. Bei den späterenwirkte Springsteen selbst deutlich engagierter, die Sets wurden abwechslungsreicher: "Working On the Highway" in Bologna und "Jungleland" in Genua (mit einem perfekten Chor des Publikums während des Refrains) kann man nicht besser spielen.

Und ich denke, dass sich dieser Trend immer weiter verstärkt hat. Je mehr die Band zusammen spielte, umso sicherer wurde sie. Der Publikumszuspruch war enorm, das "aktuelle" Album textlich wie musikalisch sehr gut - und die Tour dazu eine Sensation. Das Konzert in Berlin (sensationelles Publikum) hatte alles, was man sich von dieser sicht- und hörbar gereifteren Rock-Combo wünschen kann: Eine tolle Setlist mit Hits und Rarities - und ein intimes Klavier-Clubkonzert von Bruce solo, das zum Besten gehört, was ich von ihm bisher gehört habe. Wer bei "The Promise" und dem emotional vorgetragenen "Incident On 57th Street" unberührt blieb, dem war nicht zu helfen.
In Ludwigshafen hatten wir das Glück, die Band noch einmal ohne Patti zu sehen - die Asbury Gang war "back"; nichts gegen Mrs- Springsteeni, aber Bruce's Verhalten war sicht- und hörbar mehr "Rock'n'Roll" - die Setlist war toll und es wurden zwei herausragende Songs als Requests gespielt: "Spirit In The Night" und "Racing In The Street". Und auch Gelsenkirchen, München und Hamburg boten brilliante Momente. Es ist sicher nicht mehr dieselbe Energie der 70er und 80er, aber es ist immer noch die beste Rock'n'Roll Band der Welt live on stage - die Frage, ob "besser" oder "schlechter" als früher ist damit eigentlich gar nicht mehr relevant. Hoffen wir, dass sie selbst ihren Stellenwert erkennen, möglichst schnell wieder nach Deutschland kommen und noch so lange zusammen spielen, wie sie Spaß daran haben ...

Alle Achtung, Johnny, für den Hammer-Beitrag! Macht Gänsehaut und läßt ein wenig Wehmut aufkommen, weil man wohl ein paar Jährchen zu spät geboren ist, um die ganz wilden Jahre erlebt haben zu können.



War das ein Teil der Berlin-Show im letzten Herbst, oder meinst du noch ein anderes Club-Konzert?

Ich habe es schon mal gesagt. Es wäre doch mal wahnsinnig spannend, ein komplettes Solo-Set von ihm zu sehen, bei dem er ein Großteil der Show am Klavier bestreiten würde. Warum greift er immer eher zur Akustik-Gitarre, als das er sich mal ans Klavier setzt? Wahrscheinlich fühlt er sich mit Gitarre wohler, aber eine ganze Reihe von Songs funktionieren halt mit Klavier viel besser oder sogar überhaupt erst => "Thunder Road" oder "The Promise"

Falls es irgendwann mal wieder eine Solo-Tour sollte, dann würde ich sowas verdammt gerne mal sehen!

Gruß, Frank

@jonny
Ich habe so ziemlich gleiche Konzerthistorie wie du und kann fast uneingeschränkt zu stimmen. Ich gehöre allerdings zu den wenigen, die die Zeit 92/93 nicht so schlecht finden. Ich mochte sowohl die Alben als auch die Band ganz gerne. Ich war damals in Dortmund und war von dem Konzert schwer beeindruckt.

Hi
Interessante Statements.Das ist wohl alles Ansichtssache.Im Endeffekt glaube ich auch,daß zwischen 82&86 die besten Konzerte abgelaufen sind.Allerdings ist für mich immer noch das nächste Konzert das BESTE.
Dieses gilt allerdings nur für mich.Schade,daß ich nie die Möglichkeit hatte schon früher ein Konzert zu erleben.
Ich hoffe wir bekommen noch die Möglichkeit viele Events zu hören.
Ciao
und Danke für die Beiträge
Wasy

@netzwerg

... ich meine das Berlin-Konzert vom letzten Jahr; "The Promise" war ein Publikums-Request; "Incident" am Klavier die absolute Offenbarung ...

@nighttalk

... Teile des 1993er Konzerts haben mir ja auch sehr gut gefallen, aber es war nur unmöglich, den E-Street Sound bei den damals "älteren" Songs live vergessen zu lassen ... Bruce solo ist die eine Sache (sehr gut!), aber wenn mit Band, dann mit den "Blood Brothers" - whatever that means for them now!