So, nun auch mal ein Konzertbericht von mir.
Am Sonntagabend kam ich noch im völligen Fußballfieber von der Europameisterschaft aus Österreich nach Hause. Da stand schon das nächste Großereignis an: Springsteen Konzert in Hamburg. Bereits auf der Fahrt nach Hamburg (die wir bereits früh angetreten hatten um einen guten Platz weit vorne zu erwischen) versuchte ich mir die Fußballgesänge aus dem Kopf zu schlagen und mich wieder im mitsingen von Springsteen Songs zu üben. Ich fantasierte mir schon die tollsten Setlists zusammen, als wir plötzlich in einen verdammt langen Stau gerieten. Noch blieb ich ruhig, aber als wir uns dann nach über einer Stunde immer noch nicht weiter fortbewegt hatten, kamen mir doch Bedenken. Der Stau nahm und nahm kein Ende und meine Vorfreude auf den Boss wich allmählich der Befürchtung ihn nur aus Kilometerweiter Entfernung zu sehen. Nach langem Kampf kamen wir schließlich 17:30 Uhr am Stadion an. Wir zu erwarten, war das Pit bereits voll und die besten Plätze weg. Aber wir schafften es dennoch uns knapp hinter der Absperrung zu postieren (leicht links von der Bühne). Dann begann die Zeit des Wartens. In Gedanken sang ich schon vor mich hin und freute mich nun endlich mehr als zuvor auf Springsteen. Doch dann das Unglaubliche … ohne dass ich es merkte, hatte sich ein über zwei Meter großer Riese vor mir postiert, dessen breite Schultern offenbar von einem Ende der Bühne bis zum anderen reichten und mir jegliche Sicht nahmen. Inzwischen war es auch schon so eng, dass sich der Platz nicht mehr wechseln ließ. So konnte ich nur hoffen, dass der Riese sich doch noch mit der Zeit einen anderen Platz suchen würde. Vorerst tat er das aber nicht.
19:45 Uhr ertönte dann die Einmarschmusik und nach und nach traten die Mitglieder der E-Street Band inklusive Springsteen auf die Bühne … ich konnte davon leider nichts sehen! Wütend fauchte ich vor mich hin, in der Hoffnung der Riese würde merken, dass er mir im Weg steht. Tat er aber nicht. Auf dem Bildschirm konnte ich inzwischen erkennen, dass Patti auch diesmal nicht mit auf der Bühne war, was mich ein wenig enttäuschte – allerdings nur im ersten Moment. Ihr Fehlen war wirklich kein Beinbruch.
„Guten Abend Deutschland! 3:2, unglaublich.“ Mit dieser Anspielung auf das Erreichen des Halbfinales der deutschen Fußballnationalmannschaft begrüßte der Boss sichtlich gut gelaunt das deutsche Publikum. Ich musste mich vorerst mit der Sicht auf die hochauflösenden Leinwände beschränken und fluchte innerlich weiter vor mich hin. Als dann aber die ersten Töne von „Out in the Street“ ertönten, beruhigte ich mich ein wenig. Nach „Radio Nowhere“ war ich dann komplett im Springsteenfieber und vergaß den Riesen. Mit „Prove it all Night“ und „The Promised Land“ folgten zwei Standardlieder. „Spirit in the Night“ war dann wieder ein Highlight für mich, da ich es noch nie live erlebt hatte. Mit voller Freude sang ich immer wieder die „All Night“-Zeile und wie durch ein Wunder löste sich der Riese plötzlich von seiner Position und erlaubte mir freien Blick auf die Bühne – ein Traum! Ich hoffe mal, dass es nicht an meinem schiefen Gesang lag, den die anderen Zuschauer um mich herum machten keine Anstanden ihre Position zu verändern
Nach den ersten Songs sammelte Springsteen fleißig Zettelchen mit Songwünschen ein. Das war der Moment an dem ich mich zu fragen begann, ob er da tatsächlich Wünsche erfüllt oder einfach nur geschickt diejenigen Schilder rausgreift, auf denen Songs stehen, die bereits zur geplanten Setlist gehören. Der Gedanke verflog aber schnell, das plötzlich die ersten Klänge von „Something in the Night“ erklangen. Eine echte Überraschung und ein wahres Highlight. Kaum war der Song zu Ende, da griff sich der Boss einen neuen Wunschzettel und begann zu erzählen, dass sie diesen Song noch niemals live gespielt hätten. Und dann gabs auch schon ein rockiges „Held up without a gun“ auf die Ohren. Wahnsinn! Schon jetzt war dies eines der besten Konzerte, die ich je vom Boss erlebt hatte: Eine super Stimmung, ein klasse Publikum, ein gut gelaunter Boss und eine geniale Setlist mit echten Highlights. Es folgten einige weitere großartige Songs wie „Atlantic City“ und „Because the Night“, auf die ich sehr gehofft hatte.
Bei „Mary’s Place“ war ich zu Beginn nicht so begeistert. Ich hatte den Song schon mehrfach gehört und eigentlich auf etwas Ausgefalleneres gehofft. Doch je länger der Song lief, desto genialer wurde er. Ich fühlte mich wieder an die „The Rising“-Tour erinnert, bei der „Mary’s Place“ auch eines der Highlights darstellte. Und das war er auch diesmal. Ein richtiger Stimmungsmacher, bei dem keiner auf den Sitzen blieb.
Nach dem seltenen „Sherry Darling“ erfüllte Springsteen dann einem besonders eifrig mitsingenem Mädel in der ersten Reihe einen Herzenswunsch und spielte „Hungry Heart“. Für mich auch eines der Highlights des Abends – zumal er diesmal den guten Wolfgang Niedecken zu Hause ließ. Es folgte ein unheimliches emotionales „Incident on 57th Street“, ein Song, den man nicht oft genug hören kann. Irgendwie hatte ich zwar das Gefühl, dass die meisten Leute um mich herum keine Ahnung hatten, was das eigentlich für ein Lied war, denn sie standen ziemlich träge und fragend rum. Aber das störte mich nicht. Ich sang genüsslich mit und wurde mir immer sicher, dass dies das beste Konzert vom Boss war, dass ich je gesehen hatte.
Die Standards „The Rising“, „Last to Die“, „Long Walk Home“ und „Badlands“ fesselten das Publikum noch einmal richtig und sorgten für einen großartigen Abschluss des offiziellen Teils. Alle sangen, schrieen, tanzten und feierten bei allmählich untergehender Sonne. Eine großartige Atmosphäre.
Nach einigen Minuten gings dann mit den Zugaben weiter. Und auch da wieder ein echtes Highlight: „Seven Nights to Rock“. Ich hatte den Song noch nie live gehört, aber ich muss sagen, er macht ungeheuer Spaß. Eine richtig geniale Rockhymne, die Laune macht. Und dann kam „Rosie“. Wahnsinn. Was für eine Setlist. Ich konnte es nicht fassen. Während der letzten Tour mit der Band kamen noch hauptsächlich die Amerikaner in den Genuss dieses Songs. Daher hätte ich nie damit gerechnet, dass er ihn gerade in Hamburg zum Besten gibt. Aber Gott sei Dank wurde ich eines besseren belehrt. „Born to Run“, „Dancing in the Dark“ und „American Land“ setzten einen großartigen Schlusspunkt. Was für ein Abend, was für ein Konzert!
Mit den Gedanken an das letzte Konzert in Dublin, klatschte ich noch eifrig weiter, in der Hoffnung, dass es nochmal eine Zugabe geben würde. Die gabs aber leider nicht. Etwas enttäuscht, aber dennoch irgendwie hoch zufrieden verließ ich das Stadion und machte mich auf den Heimweg. Im Auto sang ich noch stundenlang mit meinen Mitfahrern die Songs des Abends und freute mich über ein wieder einmal großartiges Konzerterlebnis. Obwohl ich es nicht glaube, kann ich nur hoffen, dass der Boss noch einmal mit Band zurück nach Deutschland kommt. Solche Abende sind einfach nicht zu toppen! Vielen Dank Mr. Springsteen für dieses tolle Erlebnis!