Also hier der versprochene Rückblick auf mein erstes Springsteenkonzert 1988 in München
Bruce kannte ich schon seit 1978, als ich ihn in einem Video in den Umbaupausen zur Rocknacht mit „Mother’s Finest“ und anderen sah. Ich war (und bin es bis heute) fasziniert von seiner Ausstrahlung, von der Musik, von der Power bei Konzerten. Und mir war eines klar: Den wirst du irgendwann sehen. Klar, mit 17 hat man noch Träume, oder wie war das?
Mit sehen war dann ein Jahrzehnt lang nix, aber bei jeder Rocknacht (und waren mir einzelne Künstler auch noch so egal) saß ich vor dem Fernseher und wartete auf „Rosalita“, mein erstes Stück, das ich bewusst mit Bruce in Verbindung brachte. Dass er schon in Europa war, wusste ich nicht (Zur Info für die jüngeren: es gab kein Internet, allenfalls die Bravo als Infoquelle – und die kannte Bruce erst später). Aber 1981 las ich eine kleine Notiz: Bruce spielt in Hamburg und Berlin (von Frankfurt oder München stand da nix. Und wo man Karten hätte kriegen können (Eventim gab es auch noch lange nicht!), war auch nicht bekannt. Die mir bekannten Ticketshops kannten zum Teil noch nicht mal Springsteen.
Dann 1985 – wegen Examen Bruce verpasst. Ärgerlich schon deshalb, weil der Konzertbesuch die Note allenfalls verbessert hätte. Es hieß: Weiter warten. Immerhin gab es ja irgendwann die LP-Box mit den unvergessenen Live-Aufnahmen.
Ja, und dann „Tunnel of Love“. Die üblichen Probleme: Nur per Zufall von den Terminen erfahren, dafür aber herausbekommen, wo es Karten gab. Und von den Wochentagen passte München am besten. Mit meinem heutigen Schwager ging es schon am Samstag vom Niederrhein 660 Kilometer gen München – man war sofort Tramp. Gepennt wurde im Auto hinter der Oper, und vorher die Münchener Innenstadt erkundet. Im Hofbräuhaus erzählte man uns, dass wir den Boss nur um eine Stunde verpasst hätten (War er wirklich da?), aber dafür trafen wir Fans aus aller Welt – mit und ohne Karte. Eine Karte hatten wir auch zu viel mit (Es wollte dann doch die dritte Person nicht mit – selber schuld), und die konnten wir sehr gut verkaufen. Sehr gut, weil sie ein Mädel aus Essen kaufte, und sich damit ihren 16. Geburtstag am 17.07. verschönert hat (Karte ging übrigens zum Ticketpreis weg – kein Schwarzmarktpreis. War unser Geburtstagsgeschenk). Ansonsten haben wir das Hofbräuhaus als letzte verlassen, nachdem wir getestet hatten, wie viel Bier in uns hineinpasste. 6 Liter gingen rein – und auch wieder raus, na ja.
Der Sonntag begann dann mit viel Vorfreude, einem Frühstück bei McDonalds (man musste sich ja irgendwie die Zähne putzen) und viel Sonne. Auf zum olympischen Reitstadion. Hier knubbelte es sich, und wir stellten fest, dass wir bei weitem nicht die weiteste Anreise hatten. Kiel war deutlich über unseren 660 km. Mein Adrenalinspiegel stieg mit jedem Meter, den es vom Parkplatz hin zum Stadion ging. Es wurde immer voller, und hinter dem Einlass mit aus heutiger Sicht erstaunlich laschen Einlasskontrollen waren wir drin – und standen vor dem Geburtstagskind (Gibt es dich noch irgendwo im Forum? Ich wüsste gerne, was aus dir und deinem Freund geworden ist.).
Noch rasch mit T-Shirts (Für Insider: das graue, welches mir nicht mehr passt, war Jahre lang mein Lieblings-Shirt). Und rein in das Stadion. Von einem Pit hatten wir noch nie etwas gehört, standen dann aber doch sehr weit vorne – vielleicht zehn Meter von der Bühne weg. Tolle Sicht, tolles Wetter. Und so um sieben rum war die Sonne weg, und der Regen kam. Unter ein paar Folien hielt man sich trocken, bis … ja bis die Kirmesmusik vom Band kam und die ersten Takte von „Tunnel of Love“ zu hören waren. Die Folie war schnell nach hinten weggereicht, der Regen störte keinen mehr. Endlich ging es los. Kein Halten gab es, als erst Big Man und dann Bruce auf die Bühne kamen. Auch wenn ich schon Konzerte mit noch mehr Besuchern erlebt hatte: Hier war der Jubel lauter, die Stimmung besser. Und ich war weg – total gefesselt von der Musik, der Show, der Ausstrahlung, der Präsenz – nicht nur von Bruce, auch von der E-Street-Band, den Miami Horns. Man sang, man tanzte, man genoss, und merkte gar nicht, dass langsam auch die letzten Fäden nass wurden. „It’s raining“ war glaube ich alles, was Bruce zum Wetter sagte. Ganz hinten sah ich winkende Krücken – so was bleibt Hängen.
Vorne sah ich immer Schilder mit „Choose me“ drauf, die auch dem Regen trotzten. Warum wohl? Ja, „Dancing in the Dark“ kam ja – mit Tanz auf der Bühne. Irgendwie waren die meisten unter uns Mädel und wären gerne auf der Bühne. Wen traf es? Eine junge Italienerin. Wir waren alle Italienerinnen, jubelten, dass eine von uns auf der Bühne stand und einen wirklich guten Tanz hinlegte – glückliches Mädchen.
Leider leider waren die vier Stunden viel zu schnell rum. „Born to Run“ im Regen – mir läuft heute noch kalter Schauer herunter. Oder „I’m on Fire“. Zum Abschluss dann gigantisch „Twist and shout“ und alle schrieen „Yeah“, als Bruce wissen wollte: „Do you love me?“. Klar. Seitdem. Wochenlang kam nur Springsteen auf den Plattenteller oder in den CD-Player. Das Konzert hat mich glaube ich ein bisschen verändert – zumindest zu einem leicht verrückten Tramp gemacht. Immer noch am 17.7. eines jeden Jahres landet ganz sicher eine Platte aus der Zeit auf dem Teller, zu gerne ist mir dieses Konzert in Erinnerung. Und erst Berlin 2002 toppte für mich München 1988, weil es einfach noch besser war.
Ach ja: Was mich noch interessieren würde von den Münchenern.
1. Ist in dem Reitstadion jemals wieder Gras gewachsen? Nach dem Konzert war der Boden nur noch ein einziger matschiger Untergrund.
2. Steht die Tribüne noch? Wir hatten Befürchtungen, dass die unter den rockenden Fans zusammenbrechen könnte.
Ich hab mit Sicherheit vieles beim Schreiben vergessen, aber irgendwann muss man ja auch mal fertig werden