Hamburg, Color Line Arena, 12.10.2006
Bruce Springsteen & The Seeger Sessions Band
Fragmente
Nach der üblichen Verspätung, die auch dieses Mal wieder nervte, ging es dann irgendwann ohne Umschweife los.
Die Gesangsstimme von Soozie Tyrell gleich beim ersten Lied,
John Henry, sollte nur der Anfang eines musikalisch mehr als überzeugenden Abends sein. Während in Frankfurt bei
Open all night das stimmliche Intro von den Vertretern des weiblichen Geschlechts zu Gehör gebracht wurde, ließ gestern Herr Springsteen nicht locker, bis sich die Herrschaften an den Blasinstrumenten nach vorne begeben hatten, um ihr übriges zu diesem gelungenen Abend beizusteuern. Für diesen Moment war es ein reiner Männerabend.
Aber auch an den Blasinstrumenten gaben die besagten Herrschaften ihr Bestes und setzten dann stets noch einen drauf.
Im Gegenzug brillierte Lisa Lowell bei
When the saints..... und sorgte so noch für ein i-Tüpfelchen. Von Marc Thompsons beeindruckender Stimme mal ganz zu schweigen.
Kurz zuvor 'nutzte' Bruce das spontan gespielte
Fire und schäkerte ein wenig mit einer der Sängerinnen. Cindy Mizelle war's, glaube ich.
Übrigens. Eben weil das Konzert erstaunlicherweise offenbar so gut wie ausverkauft war, waren demzufolge auch mehr als nur eine Handvoll Menschen in der Arena zugegen, die nicht alle Lieder kannten und die schon einmal gar nicht mit den diversen eingespielten Interaktionen zwischen Bühne und Publikum vertraut waren.
Und nicht bei jedem Lied und womöglich noch zwischen den Liedern permanent dauerzuklatschen (doppelt gemoppelt
), bedeutet nicht zwingend, diejenigen hätten keinen Spaß an dem Konzert, diejenigen fühlten sich am Ende gar nicht unterhalten. Im Gegenteil. Wer nicht in einem durch jedes Lied zerklatscht (und dazu muss man nicht einmal aus dem Takt klatschen), der mag am Ende mehr vom Konzert gehabt haben. Der hört auch einfach nur mal zu. Und schweigt und genießt.
Spätestens
Atlantic City brachte dann das Gros der Halle zum Kochen und das wunderschön in Szene gesetzte
Eyes on the price ließ Zeit zum 'Regenerieren', ehe das Banjo-Intro zu
Jesse James so ziemlich jeden in Verzückung setzte.
Bei
Bobby Jean strahlten die Gesichter des gesetzten Publikums gleich noch einmal mehr. Schon die Tatsache, dass dieses Lied überhaupt gespielt wurde, brachte die Leute dazu, sich zu ihren Nebenmännern und -frauen zu drehen und freudig zu nicken. Die Version selber war dann noch das Sahnehäubchen.
Bei
Oklahoma Home merkte man wieder, dass mehr als nur eins, zwei Menschen anwesend waren, die der Tour noch nicht ihren Besuch abgestattet hatten. Waren sie anfangs ein wenig irritiert ob der Blow away-Gesänge/Rufe, stimmten sie schnell ein und hatten ebenfalls ihren Spaß dabei. Es folgte eine Version von
Devils & Dust, die spärlich instrumentiert begann, um dann in einem wunderschönen Arrangement zu enden.
Der 'gesanglichen' Einleitung zu
Jacob's Ladder, bei der Bruce sich schon mehr oder weniger erfolgreich höher und höher zu schrauben versuchte, folgte ein mehr als gelungenes Lied, bei dem die Diskrepanz zwischen Studio-Version und live vorgetragen mehr als deutlich wird.
Es folgte eine Version von
Long time coming, die insbesondere vom Arrangement her mehr als nur einen Daumen hoch verdient hatte.
Beim letzten Lied,
American Land, brodelte dann die gesamte Halle, ehe die gesamte Seeger Sessions Band unter größtem Jubel verabschiedet wurde.
storyteller
PS: Wer nun bzw. gestern dann schreibt, dass sei alles nicht so aufregend (gewesen), der ist zu bemitleiden. Es ist nicht im mindesten entscheidend/wichtig, ob 20, 21, 22 oder von mir aus auch 23 Lieder vorgetragen werden, es ist ebenso nicht entscheidend, ob irgendwelche vermeintlichen Raritäten oder sog. Tourpremieren gespielt werden. Wer zuhause vorm Bildschirm sitzt und dann aus der Ferne anhand von leblosen 'Zahlen und Fakten' ein Konzert beurteilen möchte, darf das zwar gerne tun, muss aber auch damit rechnen, das eine oder andere müde Lächeln einzuheimsen. Zwar ist ein Konzerteindruck grundsätzlich immer subjektiver Natur, aber womöglich nicht einmal vor Ort gewesen zu sein, nicht einmal einen Konzertmitschnitt gehört zu haben und dann ein Konzert als eher schlecht oder durchschnittlich oder was auch immer einzustufen, ist schon mehr als sinnfrei.