ich kann michael nur voll und ganz zustimmen und teile seine meinung über den gestrigen abend.
hierzu folgendes:
vor ca. 20 jahren habe ich springsteen zum ersten mal gesehen und das zu einem damaligen ticketpreis von 42 DM (ca. 22 EURO). so viel zum thema wein und preis, für den man nichts erwarten könne. ein stadionkonzert war schon für damalige verhältnisse erheblich aufwendiger als dieses konzert gestern. selbst wenn inflation und teuerung ihr übriges tun, so ist der aufwand mit dem ein konzert heute veranstaltet werden kann, in allen bereichen ganz erheblich gesunken (anlagen sind kleiner und leistungsfähiger, weniger licht aber dafür viel flexibler einsetzbar, weniger crew, ein truck anstatt eines halben dutzends für den transport, etc.). die gagen sind übrigens in der zeit nur marginal gestiegen, den größten teil der mehrkosten für einen ausländischen künstler kassiert der vater staat über seine steuern. durch den effektiven einsatz von licht, technik, logistik, ticketverkauf und internet, etc. sind die margen der örtlichen veranstalter ins unermessliche gestiegen. trotz dem einsatz von sponsoren werden die tickets immer teuerer.
ich selbst habe 120 EURO für mein innenraumticket bezahlt und habe damit meine persönliche schallgrenze erreicht. für dieses geld ist es absolut unakzeptabel wie sich die situation gestern in der festhalle dargestellt hat.
da mir die soundprobleme in der festhalle aus persönlicher erfahrung nur zu gut bekannt sind, halte ich mich immer in der nähe des mischpultes auf, weil dort der sound entsprechend gut sein sollte, denn dort stehen die leute die ihn mischen. genau das gegenteil war der fall. die crew beschimpfte sich schon vor dem konzert gegenseitig mit übelsten worten und diskutierte mehrfach über diverse technische probleme. die linke kamera wurde vorher (wie michael das bereits erwähnte) nicht getestet. zu einer professionellen ausstattung gehört für solche fälle immer eine ersatzkamera, die jedoch nicht vorhanden war.
einen soundcheck hat es vorher sicherlich nicht gegeben. die crew verließ sich auf ihr können, welches sie nicht hatte. ich war auch während des konzertes in der ganzen halle unterwegs und habe mir den sound an vielen verschiedenen plätzen angehört. er war überall katastrophal und das über das ganze konzert hinweg. grauenhaft sowohl an der bühne, in der mitte, an den seiten und auch im hinteren bereich.
bei diesen eintrittspreisen kann man sich so etwas nicht erlauben.
nun zu bruce und seiner mittlerweile wie auch immer gearteten «attitude»:
ich habe ihn nun in den letzten 20 jahren 15 mal live gesehen. in guten wie in schlechten zeiten sozusagen. nach dem gestrigen konzert wird es wahrscheinlich auch mein letztes gewesen sein. ich fand es großartig, dass er die alten songs neu aufgenommen hat und war voller vorfreude auf einen abend, an dem er erneut eine seiner zahlreichen musikalischen wandlungen vollzieht. doch leider kann ich nur sagen, dass bruce von den inhalten der songs nichts begriffen hat.
bruce war immer jemand mit sehr hohen moralischen ansprüchen und dann erwarte ich einiges in bezug darauf, wie er die songs interpretiert. er hat es nicht geschafft, die teilweise zynischen inhalte zu vermitteln, sondern hat die songs und texte lieber zu stimmungsknallern mit stadioncharakter unfunktioniert. die bitteren schicksale der personen, um die es in den songs geht, muss man mit einer gehörigen portion galgenhumor rüberbringen und nicht ein «blown away» der guten stimmung wegen zum schunkelcombo-rückwärtsschritt-und-jetzt-alle-mitsingen-hallenchor machen. die personen in denen es in seinen songs geht, können die preise, die herr springsteen seit einigen jahren aufruft sowieso nicht bezahlen und welcher der gestern, in der mehrzahl gut situierten, anwesenden angestellten weiss welch existentielle forderung man los wird wenn man einen song wie «pay me my money down» singt!
der ganze abend war musikalisch (wie udo lindenberg es seinerzeit so treffend formuliert hat) «onkel-pö's rentnerband» (seit zwanzig jahren dixieland, usw.). technisch wie musikalisch alles auf dem niveau eines sonntagmorgen-jazzfrühschoppens im stadtgarten (inkl. des desolaten sounds).
als wäre das alles nicht schon ernüchternd genug gewesen, erklimmt dann auch noch Herr Niedecken die bühne. warum kann der sich nicht mal zurückhalten und muss auf jeder springsteen-tour irgendwo auftauchen und den versuch machen sich irgendwie an dem bunten reigen zu beteiligen? ich vermute langsam, dass seine eigene eitelkeit es einfach nicht zulässt, es nicht zu tun. «hier stehe ich (mit bruce, euerem held), also bin ich» denkt er sich und nervt die fans mit seinem nicht-können. ich habe noch gut das 99er konzert in köln in erinnerung, als herr niedecken bei «hungry heart» aus dem dunkel ins bühnenlicht sprang und weder den text noch sonst irgendetwas vom song konnte. das pfeifkonzert der springsteen-fans hat er wohl ignoriert oder verdrängt.
der gestrige abend war ein totalausfall, wegen diesem unstimmigen gesamteindruck.
viele andere künstler (z.b. pearl jam, tom petty, die toten hosen, die ärzte, etc.) kriegen es auch hin, auf die ticketpreise zu achten und somit auch auf die zusammensetzung ihres publikums. springsteen und alle an der veranstaltung beteiligten haben nur den max. kommerz im sinn. es geht einfach nicht zusammen, den kleinen mann in seinen songs zu thematisieren und dann preise jenseits der hundert euro zu kassieren. nicht das springsteen kein geld verdienen soll, es sei ihm gegönnt und gewünscht, aber die schicki-micki-nasen im publikum haben mit dem, um was es in springsteens musik geht nichts gemeinsam.
der vorverkauf war wieder ein einziges desaster. ich habe ebenfalls erst mal kein ticket bekommen können und dann bei eventticket24 bestellt. zu meiner überraschung erhielt ich ein ticket von «eventim» von eventticket24. dies läßt für mich nur die vermutung zu, dass eventim sich die tickets in grosser anzahl ausdruckt einen teil davon über die eigene plattform verhökert und den rest an unternehmen wie eventticket24 verdealt. dort gab es nämlich zu keiner zeit einen kartennotstand und bis zuletzt in jeder kategorie noch eintrittskarten. natürlich teilweise bis zu 100% über den regulären verkaufspreis. als eventim dann eine woche vor dem konzert wieder ticktes anbot, sollten die versandkosten 20 EURO betragen! expressversand - bei den konditioen die eventim von den logistikunternehmen erhält kostet die eine expressendung max. 7-8 EURO! auch hier wurde sich wohl an den versandkosten bereichert. ich habe jedenfalls keinen bock mehr auf diese machenschaften, denn diese verderben mir schon im vorfeld jede freude an einen event.
also kurz fassen ist nicht mein ding und allen die das hier alles jetzt gelesen haben, vielen dank!
springsteen am 17.05.2006 in der festhalle war:
sinnentleertes rentnerfrühstück im stadtgarten zu horrenden eintrittspreisen, mit schlechtestem sound.
wer nicht da war hat nichts verpasst und spart euch auch den gang im herbst, denn da möchte herr springsteen und seine veranstalter uns wieder das geld aus der tasche ziehen kommen ...
the times they are a-changing - die zeiten in denen künstler jede summe aufrufen konnten scheinen aber endgültig vorbei zu sein, was auch die nur 3/4 volle halle am gestrigen abend eindrucksvoll belegt hat.
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