Smutje hat geschrieben:
Bei aller Liebe, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Bruce nun nie wieder Jungleland oder "10th" spielen wird.
So? 10th Avenue, okay, aber warum sollte er Jungleland noch mal spielen? Im Gegensatz zu 10th Avenue wurde Jungleland noch nie (!) ohne Clarence gespielt. Das Solo ist so eng mit seiner Person verbunden, dass ich vermutlich auf ein Springsteen-Konzert mit einem anderen Saxophonspieler, der Jungleland spielt, nicht gehen würde. Coverbands kann ich billiger sehen!
Nichts ist für ewig. Alle Dinge enden irgendwann. Und wenn jemand stirbt, wird das am deutlichsten. Mit Clarence Tod ist Jungleland als Liveerlebnis zu Ende. Das Solo ist einfach zu sehr mit seiner Person verbunden. Ich würde es zutiefst missbilligen, wenn Springsteen mit einem neuen Saxophonisten den Eindruck erwecken würde, dass Clarence an dieser Stelle ersetzbar ist. Es ist das diesen Musiker definierende Solo gewesen.
Als in Frankfurt 2009 Jungleland gespielt wurde, hatte ich das Bewusstsein, dass das das letzte Mal sein würde, dass ich es Live höre. Natürlich habe ich da nicht daran gedacht, dass Clarence so relativ kurz danach sterben würde, sondern lediglich, dass sein Gesundheitszustand und sein Alter ihm keine so aufwendigen Welttourneen mehr erlauben. Dementsprechend habe ich aber das Solo damals auch aufgenommen. Es war einer dieser Momente, die bei all den immer wieder mal mäßigen Songs und schwachen Produktionen, die Springsteen im Laufe seiner Karriere mehr als einmal verzapft hat, mich nie hat bereuen lassen, so viel Geld für diesen Kerl und seine Band ausgegeben zu haben. Es war eines dieser "Eins-mit-dem-Universum"-Gefühle, dieses hier und nirgendwo anders kannst du heute abend sein, nirgendwo anders könntest du heute existieren. Eines dieser Gefühle, die sich nur ganz selten einstellen und für die es auch mehrere Springsteen Konzerte braucht, bis alles wirklich zusammenpasst. Und das hat nichts damit zu tun, dass Jungleland eine sonderlich herausragende Komposition wäre oder Clarence technisches Spiel so überragend, beides ist nüchtern betrachtet nicht mal der Fall. Es ist einzig dieser kurze Moment, in dem einen klar wird, dass in diesen Tönen sich intuitiv die komplette Seele dieses Menschen offenbart (wen das Wort Seele stört, soll es durch eines seiner Weltanschauung besser entsprechendes ersetzen, mir fällt im Moment kein besseres ein). Und da kann Springsteen jetzt den besten Saxophonisten der Welt anheuern, es gibt tatsächlich Hunderte, die technisch besser sind als es Clarence war, das kann auch der beste Saxophonist mit diesem Solo nicht erreichen. Es ist Clarence Solo, auch wenn Springsteen es geschrieben hat, Clarence hat es zu dem seine Person definierenden Solo gemacht. Jungleland auf einer E Street Band Tour wäre ab sofort einfach nur unangebracht, mal ganz von der Frage abgesehen, bis zu welchem Punkt der Name E Street Band noch angebracht ist.
Mag sein, dass Springsteen einen Weg findet, damit umzugehen. Ich kann mich erinnern, dass Skynyrd eine Zeitlang aus Respekt vor Ronnie Van Zant den Text von Free Bird nicht gesungen haben, sondern nur das Publikum sang, das geht hier aber nicht. Vielleicht könnte man das Junglelandsolo nur mit den begleitetenden Instrumenten spielen, quasi um musikalisch das Fehlen von Clarence zu thematisieren. Aber auch das wäre nur kurze Zeit als Hommage auf der nächsten Tour denkbar, nicht dauerhaft.