Kepplinger: Journalisten beobachten permanent, was andere Journalisten berichten - und reagieren entsprechend. Die Online-Medien haben diese Kollegenbeobachtung dramatisch beschleunigt. So entfaltet sich eine ungeheure Eigendynamik, die die Berichterstattung selbst dann zu neuen Höhepunkten treibt, wenn objektiv gar nichts passiert. Das Phänomen ist hinlänglich dokumentiert. Nach Erdbeben kommt es zu Wellen von Erdbebenmeldungen, obwohl die Erde nicht plötzlich häufiger erzittert als zuvor.
SPIEGEL ONLINE: Was liegt dieser Medienmechanik zugrunde?
Kepplinger: Ein Risiko - wie etwa die Grippe-Pandemie - besteht immer aus zwei Elementen: Aus der Schwere des potentiellen Schadens und aus der Wahrscheinlichkeit, mit der dieser Schaden eintritt. Medien konzentrieren sich extrem auf die Schwere des potentiellen Schadens.
SPIEGEL ONLINE: Und ignorieren die Eintrittswahrscheinlichkeit?
Kepplinger: Genau. Bei der Schweinegrippe wurden viele Fragen weitgehend ausgeblendet. Endet die Krankheit mit dem Tod, oder verläuft sie möglicherweise doch harmlos? Infizieren sich wirklich alle Leute, die mit Erkrankten in Kontakt gekommen sind? Alle starren aber lieber auf den Tod.
komplett:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellscha ... 56,00.html