Mein selbstpropagierter Ruf als alter Meckerkopp hat zuletzt etwas gelitten. Ich habe Begeisterung über meine beiden Konzerterlebnisse bekundet und sogar den Wunsch geäußert, mittels eines Hamburger Treffens weitere von Euch Foren-Kapeiken persönlich kennenzulernen. So geht das nicht weiter! Höchste Zeit, mal wieder ein paar negative Vibrationen zu verbreiten.
Die Request Signs bieten sich an - stoßen ja allerorten und besonders im Forum auf Begeisterung. Da sehe ich ein paar Tomaten auf mich zugeflogen kommen - perfekt.
Also: Bitte keine Sign Request und keine Request-Erfüllung mehr (letztgenanntes zumindest nicht mehr als fester Programmpunkt)!
Latürnich ist mir klar, dass weder der Boss noch die Fans mir diese Bitte erfüllen werden.
Was spricht für Sign Requests?
Sie bewirken, dass Springsteen in nahezu jedem Konzert die eine oder andere Tour-Premiere und Rarität spielt.
Wenn man aber davon ausgeht, dass er pro Konzert vier (mal drei, mal fünf) Wünsche aus dem Publikum erfüllt, so sind zwei der vier doch meist Titel, die er ohnehin ab und zu spielt. Die anderen beiden erweisen sich dann in der Tat das eine oder andere Mal als besonderes Schmankerl, auch wenn ich nicht wie manch anderer geneigt bin, jede Rarität um der Rarität willen zu bejubeln. Manche selten gespielten Songs sind zu Recht selten im Programm - ich gehöre bekanntermaßen nicht zu den Fans, die ausnahmslos jeden Springsteen-Song für supi halten.
Und wenn wir uns beispielsweise die Devils&Dust-Tour in Erinnerung rufen: Bei fast jedem Konzert gab es Tourpremieren und Raritäten zu bejubeln - auch in Europa und ganz ohne Sign Requests.
Dafür spricht darüber hinaus, dass etwa zwei Fans pro Konzert einen ganz besonderen Wunsch nach einer Rarität erfüllt bekommen (davon ausgehend, dass nur zwei der Request-Erfüllungen echte Raritäten sind). Bei der Masse der Zuschauer ist aber ohnehin davon auszugehen, dass das Anstimmen der einen oder anderen Rarität für eine gewisse Anzahl von Fans die Erfüllung eines besonderen Titelwunsches bedeutet. Auch dafür braucht man also keine Sign Requests.
Für Sign Requests spricht des Weiteren, dass sich drei, vier oder fünf Fans pro Konzert etwas darauf einbilden können, Einfluss auf die Setlist genommen zu haben.
So sehr ich jedem seine Erfolgserlebnisse gönne: Das ist eher zu vernachlässigen.
Eine wie auch immer geartete persönliche Bindung an den Boss ist in jedem Fall virtuell - ob er einen Request spielt oder man ihn berühren durfte (lechz).
Was spricht noch für Sign Requests? Mir fällt nichts mehr ein, aber ich harre der Argumente, die da von Euch sicher kommen werden.
Warum plädiere ich für die Abschaffung?
Bei aller Begeisterung, die auch ich über Springsteens Leistung als Live-Performer empfinde: Das Einsammeln der Request Signs nebst Abspielen des einen oder anderen Titels ist mittlerweile nichts weiter als ein Programmpunkt jedes Konzerts, der zuverlässig und routiniert jedes Mal aufs Neue abgehakt wird. Irgendwann nach etwa einem Drittel kommt
Raise Your Hand und Springsteen sammelt Request Signs. Das wirkt schablonenhaft, wobei mir klar ist, wie sehr diese Aussage Jammern auf hohem Niveau ist, denn wie soll man dann erst die Konzerte von Künstlern wie AC/DC, Oasis und vielen vielen weiteren beurteilen? Das sind dann personifizierte Schablonen.
Gegen Springsteens Erfüllung von Zuschauerwünschen spricht auch, dass sein Einsammeln zu einer inflationären Häufung von Request Signs geführt hat. Ich kann sowas schwer schätzen - in den ersten zehn Reihen finden sich bei jedem Konzert womöglich 200 Schilder (andere Schätzungen willkommen). Das hat keinen Wert mehr.
Um überhaupt Chancen zu haben, dass ein Schild eingesammelt und dann auch in der Setlist berücksichtigt wird, muss es - Ausnahmen bestätigen die Regel - mittlerweile offenbar außergewöhnlich auffällig sein. Der Trend geht somit zur Übergröße. Oft werden diese großen Plakate dann bis zum Einsammeln ständig immer mal wieder hochgehalten, bis die Arme lahm sind, was zuverlässig dazu führt, dass dahinter stehende Fans in großer Zahl ein paar Minuten lang nichts von der Bühne sehen.
Ich halte fest: Auch ohne Sign Requests können wir damit rechnen, dass jedes Springsteen-Konzert überraschende Titel enthalten wird.
Zum Ende ein völlig hanebüchener Gedanke: Stellt Euch vor, Springsteen will Request Signs einsammeln, und im Publikum findet sich kein einziges! Das Gesicht des Bosses möchte ich sehen.
So - das war's vorerst meinerseits. Herrlich, mal wieder etwas rumzumosern!