"Magic" von Bruce Springsteen
Die letzten Jahre war "The Boss" leise, ruhig und verhalten. Wie einer, der sich hinlänglich ausgetobt, und jetzt nur noch sorgender Familienvater ist. Der gemerkt hat, dass er die Welt trotz allem Engagement dann doch nicht verändern kann - und sich seinem Schicksal fügt. Doch jetzt, eine Woche nach seinem 58. Geburtstag, schlägt Bruce Frederick Joseph Springsteen wieder ganz andere Töne an. Im Gegensatz zu seinen jüngsten Ergüssen wie "The Rising", "Devils & Dust" und "We Shall Overcome: The Seeger Sessions" ist er nicht länger folkig und wehleidig, sondern geradezu rebellisch.
Zurück zur Bestform
Auf seinem 15. Studio-Album, das erstmals nach fünf Jahren wieder im Verbund mit der E-Street-Band entstand, gibt die amerikanische Rock-Ikone vorzugsweise Vollgas. Das zeigt sich schon beim Opener "Radio Nowhere", der wie die direkte Fortsetzung von "Born In The USA" klingt. Zwar mit einem nihilistisch-bissigen Text, aber doch wieder mit viel Power und Angriffslust. Springsteen in erdig, knarzig und ungestüm - gerade rechtzeitig zum anstehenden Präsidentschaftswahljahr 2008, das die (auch von ihm erhoffte) große sozio-politische Wende bringen soll.
Einer für alles
Folglich klingt auch der Rest des Materials wie in den frühen 80ern: "You´ll Be Comin´ Down" ist Hymnisches in bester "Glory Days, "Livin In The Future" ein poppig-verspieltes "Hungry Heart II" und "Your Own Worst Enemy" wunderbarer 60s Pop à la Phil Spector - mit Glocken, Streichern und jeder Menge Zuckerguss. Darauf folgen mit "Magic", "Long Walk Home" und "Devil´s Arcade" zwar auch noch ein paar romantisch-verträumte Folk-Leisetreter, aber der Löwenanteil des Materials steht ganz klar im Zeichen des Rock. Und der ist mal sphärisch ("Girls In Their Summer Clothes"), mal in schwelgerischer 70s Manier ("I´ll Will Work For You") und mal richtig wuchtig und frontal ("Last To Die").
Der amerikanische Traum
Eine musikalische Wiedergeburt, die sich in den Texten fortsetzt. Da ist Springsteen nicht mehr nostalgisch und verklärt, er schaut wieder nach Vorne - in die Zukunft eines schöneren, besseren und freieren Amerikas. Ohne Irak-Krieg, ohne Bush, ohne falschen Patriotismus, ohne Moralapostel. Aber wieder mit endlosen Highways, lauen Sommernächten bei Bier und Barbecues und einem Hauch von Liebe und Romantik. Die guten neuen Zeiten, die hoffentlich bald kommen werden. Bis dahin ist "Magic" sein stärkstes Album seit Jahren.
Immerhin!
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