Neues vom schon totgesagten "Boß":
Mit einer schmucken Raritäten-Box will Bruce Springsteen seiner Karriere wieder Schwung gebenaus dem STERN
www.stern.de Jeder Boß muß irgendwann in Rente - und so schien auch Bruce Springsteens Laufbahn allmählich auszuklingen. Wie ein historisches Relikt wirkte der heute 49jährige auf seiner letzten Tour, und die traurigen Songs seines Albums "The Ghost of Tom Joad" klangen wie ein Requiem. Nun steht die 4-CD-Box "Tracks" in den Läden, mit Rarem und Unveröffentlichtem aus des Meisters Ton-Archiv. Ein Abschiedsgeschenk? STERN-Mitarbeiter Adam Sweeting traf den Boß in London.
STERN: Ihre Fans sind in Sorge. Läuten Sie Ihren Rückzug ein?
SPRINGSTEEN: Wie kommen Sie darauf? Ich habe Material für zwei Alben in der Schublade. Und ich werde im Sommer auf Tour gehen, voraussichtlich sogar mit der E Street Band.
STERN: Zuletzt haben Sie die Rock-Welt mit düsteren Songs über harte Zeiten und enttäuschte Illusionen verstört - Ihr letztes Album kam nicht mal mehr in die US-Top-ten.
SPRINGSTEEN: Ich hatte lange, bis in die frühen 80er, eine eher kleine, aber solide Kult-Hörerschaft. So ist es nun wieder. Mir war von vornherein klar, daß "Tom Joad" viel Geduld und Aufmerksamkeit erfordert und nichts für den Mainstream ist.
STERN: Wo ist der muskelbepackte Stadion-Rock-Gott geblieben, den die Welt vor allem durch "Born In The USA" liebgewonnen hat?
SPRINGSTEEN: Wenn Sie die gesamte Spanne meiner Karriere betrachten, war "Born In The USA" eine Anomalie. Die Platte war ein Segen für mein Leben und meine Finanzen und in meiner damaligen Schaffensphase sicher ein guter Job. Aber sie ist mitnichten der Inbegriff des Springsteen-Werks.
STERN: Auf der jetzt erschienenen CD-Kollektion ist der Titelsong in einer lustigen Rockabilly-Version zu hören.
SPRINGSTEEN: Hätte ich ihn so veröffentlicht, was drin war, wäre ich wohl nie der Boß geworden. Es ist interessant, von welchen Unwägbarkeiten Karrieren bestimmt sind. Ohne das Insistieren meines Managers wäre auch "Dancing In The Dark" im Archiv gelandet.
STERN: Wie mancher verhinderte Hit, der erst durch "Tracks" ans Licht gerät.
SPRINGSTEEN: Ich habe oft einen vermeintlich populären Song draußen gelassen, wenn ich das Gefühl hatte, er repräsentiert mich nicht richtig. An erster Stelle komme ich - und nicht die Frage, was das Publikum hören oder sehen will.
STERN: Auf dem Höhepunkt Ihres Ruhms hätten Sie einige gern als Präsident gesehen.
SPRINGSTEEN: Obwohl ich ein unpolitischer Mensch bin. Alles, was ich über Politik weiß, ist ein Satz, den mir mein Vater mitgegeben hat: Wähl die Demokraten, das ist die Partei der arbeitenden Leute!
STERN: Daran halten Sie sich noch immer?
SPRINGSTEEN: Klar. Oder muß bei Ihnen der Boß nicht arbeiten?