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 Betreff des Beitrags: Bob Dylan in Trient
BeitragVerfasst: 16.06.2008 14:59 
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Gestern gabs mal Auszeit vom EM-Fieber und ein kleiner Ausflug nach "bella Italia" stand an. Wir fuhren nach Trient, um uns dort Meister Bob Dylan mit seiner Band anzusehen.

Trient ist ein wunderschönes Städtchen. Wir waren am späteren Nachmittag angekommen, sind durch die Altstadt spaziert, haben uns den imposanten Domplatz angesehen, der eigentlich zuerst die Location des Konzertes hätte sein sollen. Selbige wurde aber zum Palazzo Albere verlegt, den wir dann, nach ein paar Irrfahrten durch Trient, auch gefunden haben.

Waren gegen 18h dort und haben mal mit Glück noch einen Parkplatz ergattert. Typisch für Italien, jede Menge Ständchen mit Flüssig- wie auch feste Nahrung und T-Shirt-Stände waren auch jede Menge aufgebaut. Da hab ich mir dann auch gleich ein Dylan-Leiberl gekauft, weil mir vor allem die Aufschrift so gut gefiel: "Don't think twice, it's allright" (der Song vom Meister gefällt mir auch sehr gut und er war dann auch im Set :D ).

Dann sind wir zum Einlass vor gewandert, der dann auch schon im Gange war. Wie wir dann hinein gekommen sind, erstmal große Verwunderung. Der Innenraum vor der Bühne komplett bestuhlt, weiter hinten waren auch noch Tribünen aufgebaut. Wir hatten Stehplatzkarten, die dann nur hinter den bestuhlten Plätzen gewesen wären, ziemlich weit entfernt von der Bühne. Es gab aber auch die Möglichkeit, noch seitlich nach vor zu wandern, wo Dixie-Klos aufgebaut waren und das war der große Fehler der Veranstalter. Diese Klos waren auch für die Leute gedacht, die die bestuhlten Plätze hatten. So gab es erstmal keinerlei Absperrung und viele Fans gingen seitlich zur Bühne vor. Die Security hat versucht, die Leute immer wieder zurück zu scheuchen und es wurde dann eine Absperrung in Form von Bändern angebracht, die die Leute zurückhalten sollte. Wir sind dann genau entlang dieses Bandes gestanden und mir schwante schon Übles, denn man kennt ja die ziemlich emotionsgeladenen Italiener. Es waren auch deutschsprache Fans da und man konnte hören "die Bänder werden eingerissen, keine Frage". Nun denn, gegen 21h gings los. Eine Fanfare ertönte und dann ein Bühnensturm, den ich so vorher noch nicht erlebt habe. Hinter mir wurde gedrückt und geschoben und ich konnte nur kurz entscheiden, soll ich mich mitschieben lassen oder versuchen, auf die Seite auszuweichen. Habe mit mitreissen lassen und mich dann in der dritten Reihe vor der Bühne wieder gefunden. Der Meister und seine Band kamen, wurden frenetisch gefeiert. Gemischt allerdings mit lautstarken Protestrufen derjenigen, die die Sitzplatzkarten teuer gekauft haben und nun sicher ein paar hundert Fans vor ihrer Nase hatten. Ich hatte Italiener neben mir, mit denen ich mich auf englisch verständigen konnten, die meinten nur lapidar "thats everytime the same", was wohl bedeutet, das die einfach solche Sitzanordnungen nicht akzeptierten. Die Security schaffte es keinen Moment, der Lage Herr zu werden, das Resultat hätte nur sein können, das Konzert abzubrechen.
Das war dann nicht der Fall, die Lage beruhigte sich einigermaßen, wenn auch immer lautstarke Rufe von hinten ertönten "sei ludi, sei ludi" (was wohl bedeutet, "ihr Idioten") und es wurden auch Papierbecher und -knäuel nach vor geworfen.

Das Konzert war toll. Leider hab ich den Meister nicht an der E-Gitarre erlebt, das hätte ich mir sehr gewünscht. Es gab auch eine bejubelte Tour-Premiere (die vielleicht Mister Y anhand der Setliste ausmachen kann). Meister Dylans Reaktion auf seine verrückten Fans war nur ein kurzes Kopfschütteln, ansonsten wurde das Konzert abgespult, ohne größere Reaktionen des Meisters. Gefeiert wurde er aber ohne Ende - am Ende des Konzertes gabs dann auch endlich das Miteinander, wo jeder stand und ihn bejubelte.

Ich bin ein wenig zweigeteilt. Zwar war es ein tolles Erlebnis, ich hatte einen tollen Platz vor der Bühne. Ich hätte es besser gefunden, wenn die Anordnung von vornherein eine andere gewesen wäre, man sollte bei solchen Konzerten einen normalen Innenraum lassen, keine Security der Welt kann verrückt gewordene Fans zurück halten. Das Konzert in München war jedenfalls in der Richtung wesentlich besser, es gab von vornherein Stehplätze und solche Ausschreitungen waren so auch gleich unterbunden.

Hier die Setliste.
1. Tweedle Dee & Tweedle Dum (Bob on keyboard)
2. Lay, Lady, Lay (Bob on keyboard)
3. Watching The River Flow (Bob on keyboard and harp)
4. Blind Willie McTell (Bob on keyboard, Donnie on banjo)
5. Spirit On The Water (Bob on keyboard)
6. Rollin' And Tumblin' (Bob on keyboard)
7. Tryin' To Get To Heaven (Bob on keyboard)
8. High Water (For Charlie Patton) (Bob on keyboard, Donnie on banjo)
9. Beyond The Horizon (Bob on keyboard)
10. It's Alright, Ma (I'm Only Bleeding) (Bob on keyboard, Donnie on banjo)
11. Don't Think Twice, It's All Right (Bob on keyboard and harp)
12. Highway 61 Revisited (Bob on keyboard)
13. Nettie Moore (Bob on keyboard, Donnie on viola)
14. Summer Days (Bob on keyboard)
15. Ballad Of A Thin Man (Bob on keyboard and harp)

(encore)
16. Thunder On The Mountain (Bob on keyboard)
17. Blowin' In The Wind (Bob on keyboard and harp, Donnie on banjo)


Und hier ein Link zu einem Review eines Fans:

http://www.boblinks.com/061508r.html

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 Betreff des Beitrags: Re: Bob Dylan in Trient
BeitragVerfasst: 16.06.2008 15:15 
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Hey Jerseylady, vielen Dank fuer den stimmungsvollen Bericht. Ich kann mir heiter vorstellen, was da im Innenraum abging und sowas trueb das Erlebnis etwas - leider. Aber ich freue mich, dass Du den Abend doch auch geniessen konntest und immerhin - Bob Dylan live erleben zu duerfen ist schon etwas ganz Grosses, finde ich!!!
Nun, ich kann mir auch gut vortsellen, wie Bob Dylan den Kopf schuettelte und dann sein Program runterspielte. Er ist ja bekannt dafuer, sehr distanziert zu sein bei seinen Shows.

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 Betreff des Beitrags: Re: Bob Dylan in Trient
BeitragVerfasst: 16.06.2008 17:27 
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Danke für deinen Bericht, Jerseylady!

Ich hatte genau dieselbe Situation mit Sitzplätzen im Innenraum selbst schon erlebt. Das 2005 ebenfalls bei Dylan in Amnéville. Die Franzosen haben da ein ähnliches Temperament an den Tag gelegt wie die Italiener und zu Konzertbeginn sind alle nach vorne gestürmt während die Security vollkommen machtlos war. Mir selbst war das nur recht, denn Sitzplätze im Innenraum find ich furchtbar und ich konnte auch nen guten Platz ergattern, aber ich kann mir auch vorstellen dass andere das nicht so gut fanden.
Aber der letzte den das interessiert hat war Bob selbst! Der hat die Aktion keines Blickes gewürdigt :D

Ich habe Bootlegs von dieser Tour gehört und finde es umso bedauerlicher dass ich ihn dieses Mal nicht sehen werde. War sicher toll... ich vermute die Tour-Premiere (also von der Europa Tour) war Blind Willie McTell? Sicher sehr schön live, genau wie Tryin' to get to heaven und Nettie Moore!

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 Betreff des Beitrags: Re: Bob Dylan in Trient
BeitragVerfasst: 17.06.2008 17:05 
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Das mit den wütenden Sitzp ... plätzlern gab es wohl diese Tour dauernd. Dafür, dass die meisten Fans so alt sind, sind sie noch ganz schön renitent, und der stage rush gehört einfach dazu und hat gerade bei Dylan Tradition.

Was soll auch der Schwachsinn mit den Sitzplätzen? Ich habe das bisher - Gott sei Dank - erst einmal erlebt, das war 2000 in Oberhausen. Ansonsten waren's immer normale Stehplatzkonzerte. In Oberhausen hatte ich auch gute Sitzplätze und am Ende standen einige vor mir. Aber was soll's ? Wie kann man sich über so nen Mist aufregen, so wie die Fans hinter euch ? Erstens ist man immer noch nah genug dran - so schön ist der alte Mann auch nicht mehr ;) - zweitens: wer will schon ein Dylankonzert im Sitzen erleben? Die ärgern sich doch nur über ihre teuren Karten und über den "Pöbel" vor ihnen - verdammtes Klassendenken. Mich erinnern Sitzplätze bei Rockkonzerten immer an Musikantenstadl, und ich bin immer der erste der aufsteht und versucht stehen zu bleiben, bis die Leute hinter mir moppern ... ;)

Ansonsten: Tolles Set! "Tryin' to get to heaven" - einer meiner absoluten Favoriten - würde ich auch gerne nochmal hören. Leider hat er die Gitarre wieder weggelassen, aber dafür soll sein Georgel nicht mehr ganz so schlimm sein ... ;)

Die Tourpremiere war wohl der blinde Wilhelm. Das Original ist auf den Bootleg Series, mit Mark Knopfler an der Gitarre - ganz großes Kino! Habe ich noch nie live gehört.


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 Betreff des Beitrags: Re: Bob Dylan in Trient
BeitragVerfasst: 17.06.2008 23:27 
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Mister Y hat geschrieben:
Leider hat er die Gitarre wieder weggelassen, aber dafür soll sein Georgel nicht mehr ganz so schlimm sein ... ;)

Die Tourpremiere war wohl der blinde Wilhelm. Das Original ist auf den Bootleg Series, mit Mark Knopfler an der Gitarre - ganz großes Kino! Habe ich noch nie live gehört.


Tatsächlich fand ich sein Georgel gar nicht schlimm und sogar anständig gesungen hat er. :lol:
Nein, schön langsam entdecke ich, spät aber doch, die Größe des Bob Dylan, die Faszination, die er (natürlich in Zusammenarbeit mit seiner Band) ausüben kann. Ich beginne ihn tatsächlich zu lieben, den alten, störrischen Herrn. :wink:

Wäre ja schön, wenn die Kristallkatze da was bringt. Und wenn wer was hören sollte, wäre ich für eine PN sehr dankbar. :wink:

Und den "blinden Wilhelm" kannte ich noch nicht, aber hab auch noch längst nicht alles vom Meister zu Hause.

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