Mein erstes Dylan Konzert war vor zwei Jahren in Saarbrücken, damals mit einer, für einen Neuling, eher eigenartigen Setlist. (3 Songs aus der christlichen Phase und gleich 5 Titel aus "Love And Theft"). Trotzdem hat es mir sehr gut gefallen und ich wusste wenn Bob wieder in die Nähe kommt bin ich dabei. Nun ging es also mit meiner Mutter (ebenfalls ihr zweites Konzert, ihr erstes war 1981 auf der Loreley) nach Mainz in den Stadtpark. Man hörte einen Soundcheck. Das erste Lied klang nach "Sugar Babe". Das Nächste hörte sich ein bisschen an, bitte jetzt keine großen Augen machen vielleicht täusche ich mich auch, wie "Hurricane". Das war sehr verwunderlich da er die Nummer seit 1976 nicht mehr live spielte. Aber es klang von der Melodiefolge her halt so. "Watchtower" war es jedenfalls nicht. (Ich hatte die zwei früher als mal verwechselt) Das dritte Lied hörte sich stark nach "When The Deal Goes Down" an, aber alles halt instrumental. Mittlerweile liest sich das es auch "Not Dark Yet" im Soundcheck gab. Naja aus dem was ich hörte konnte ich es nicht erkennen, aber mittlerweile weiß ich aus eigener Erfahrung (Saarbrücken) wie schwer es sein kann auf die gespielten Songs zu kommen wenn man sie nicht gut kennt.
Ein paar Worte zum Einlass: Der war leider nicht gut organisiert, man hatte Absperrungen aufgestellt und auf Fragen wo man aufmache versicherte man uns das die Absperrung vor uns aufgemacht werde. Es sah aber eher so aus als wäre das nicht so und wir müssten außen herum gedrückt werden. Ebenfalls sah ich keine Schleusen. Aufeinmal entfernte man Sichtschutz auf dem Konzertgelände und dort waren dann die Schleusen zu sehen. Es sollte Einlasszeit, 17:30 Uhr werden und ich kann nur ein paar Fans vor uns danken das sie einfach die Absperrung aufgemacht haben, sonst wäre es noch chaotischer zugegangen. Auch in den Schleusen gab es Gedrücke, wenn man versuchte stehen zu bleiben hat man verloren. Also ich, und meine Mutter auch, hatten angenommen das die Fans im gehobene Alter (wenn auch einige Jüngere dabei waren) ein bisschen gemäßigter sein würden. Auf jeden Fall hat die Stadt Mainz hier versagt. Immerhin bekamen wir in der dritten Reihe vor Bob einen tollen Platz und uns herum waren ein paar Dylan Fans, manche davon kannte ich schon von Saarbrücken.
Ich hatte beim Beginn von 19:00 Uhr auf eine Vorgruppe getippt aber als ich dann vor der Bühne stand sah man keine Anzeichen dafür. Es sollte dann noch ca 10 Minuten dauern und dann ging es tatsächlich los.
Die gewohnte Ansage folgte, wie übloch vorgelesen, diesmal ohne Musik. Die Band und Bob kamen ohne Taram auf die Bühne. Bob begab sich direkt an sein Keyboard.
Rainy Day Women #12 & 35: Mit dem Opener geht es direkt nach vorne. Drummer George Recile (der übrigens den ganzen Abend über richtig abrocken konnte) gab das Intro vor und los gings. Im Gesamten konnte man es sehr gut erkennen und der Sound war glasklar und schön druckvoll. Hat mir viel besser gefallen als das Original. Die jetzige Version hatte einen richtig treibenden Beat. Sofort merkte man Bobs sehr positive Laune an. Er ging vom ersten Song an richtig ab, grinste, hatte Spaß und kam sehr beweglich rüber hinterm Keyboard.
Don't Think Twice, It's All Right: In einer Art leichten Sommerversion folgte direkt der nächste Oldie. An der Grundmelodie konnte ich ihn schnell ausmachen und als zweite Nummer passte er super. Auch wenn das Wetter nicht sonnig war, es hielt immerhin durch und blieb trocken.
Things Have Changed: Bob kam in die Mitte der Bühne. Hier war ich mir zunächst sehr unschlüssig da ich das Original nicht sehr gut kannte. Das Tempo dieser Version ging in Richtung "Jack Of Hearts", also richtig schnell. Am der "Things Have Changed" Zeile erkannte ich es dann schließlich und musste erst einmal grinsen, aber die Version war klasse. Bob spielte zwar seine Harp aber ohne Mikrophon, nur am Ende ging er kurz an das Mikro in der Bühnenmitte und man hörte zwei Töne laut
Hier fiel wieder auf das Bob viel Spaß hatte. Er nahm das Mikro aus dem Ständer und fing an den Song fast theatralisch darzustellen.
Girl Of The North Country: Nun schnallte sich Bob die Gitarre um und eine wiederum tolle Version eines weiteren Oldies folgte.
Beyond Here Lies Nothin': Das einzige Lied des aktuellsten Studioalbums "Together Through Life" (ich habe "Christmas In The Heart" jetzt nicht mitgezählt) gab es nun mit brachialer Gewalt. Bob blieb an der Gitarre und spielte ein paar tolle Blueslicks.
The Lonesome Death Of Hattie Carroll: Im lässigen dreivierteltakt folgte Fullband direkt schon wieder etwas aus den 60ern. "Lonesome Death" erinnerte mich ganz leicht an die Version von "Every Grain Of Sand" von Saarbrücken 2009.
Summer Days: Bekam ich in Saarbrücken gleich 5 "Love And Theft" Lieder blieb es heute bei diesem. Das war auch gleichzeitig die erste Nummer des Abends die sich mit der Setlist vor 2 Jahren überschnitt, also mit meiner Setlist, Dylan ändert die eh jeden Abend ab wie er lustig ist.
Tangled Up In Blue: Jaaaaaa, endlich. Ich hatte es mir schon vor zwei Jahren gewünscht. Mit dem "Blood On The Tracks" Album fing bei mir alles an. Wieder kam Bob mit der Harp, dieses Mal auch mit dem passenden Mikro, in die Mitte und man bot eine art halbakustische Version des Songs dar.
The Levee's Gonna Break: Die zweite Überschneidung zu Saarbrücken. Die jetzige Version wirkte lockerer als damals. Vielleicht lag es daran das Drummer George Recile nicht mit Stöcken sondern mit Besen spielte. Hier gab es viel Instrumentales Interplay.
Ballad Of Hollis Brown: Wieder kam Bob in die Mitte um eine 60er Oldie zu bringen mit dem ich nicht gerechnet hätte. "Hollis Brown" wurde auch in einem lockeren Midtempo gespielt um an Ende kurz rienzuknallen.
Highway 61 Revisited: Direkt das nächste Highlight. Es gab viel Zwischenspiele von Gitarre und Keyboard.
Desolation Row: Und darauf gab es direkt nochetwas vom gleichen Album. Dieses Epic hatte man auch Fullband umarrangiert und fließender gespielt. Ich glaube das Bob nicht alle Strophen gesungen hat, aber vielleicht täusche ich mich da.
Thunder On The Mountain: Bevor man in die Zielgerade einbog noch etwas vom 2006 Album "Modern Times". Das hatte er 2009 auch schon fest im Set, aber in Saarbrücken nicht gespielt. Groovte auch richtig nach vorne.
Ballad Of A Thin Man: Das Hauptset wurde klasse beendet. Bob sang es sehr wütend wieder in der Bühnenmitte und im Refrain gab es, ob beabsichtig oder nicht weiß ich nicht, ein kleines Echo auf seine Stimme was das ganze noch agressiver machte. An der Nummer hatte er sicher seinen Spaß gehabt. Wieder stellte er den Song theatralisch dar. Am Ende gab es dann nochmal Bob mit seiner Harp und dann gingen sie von der Bühne.
------------ Schon jetzt waren die Leute begeistert, meine Mutter meinte nur "das ist ja geil", und auch andere waren erstaunt über Bobs Leistung an dem Abend.
Like A Rolling Stone: Das sind jetzt 4 Songs vom "Highway 61 Revisited" Album! Das hat man auch nicht alle Tage. Die Menge nahm es begeisternd auf und sang mit. Hier hatte Bob ein paar Strophen gestrichen, die Länge war ungefähr wie im Studio aber es gab viele Instrumentale Momente.
All Along The Watchtower: Auch hier eine tolle rockende Version. Bob schnappte sich die Gitarre um sie Sekunden später wieder abzulegen und kam ohne irgendetwas in die Bühnenmitte. Nach der Hälfte des Songs wechselte er dann ans Keyboard
Nach Songende stellte Bob seine Band dieses Mal nicht vor.
Blowin' In The Wind: Dort blieb er auch für den ersten Teil des Closers. Die Version war die Selbe wie 2009 in Saarbrücken. Somit bekam man diese "Lagerfeuerballade" als Fullband Blues um die Ohren. Pedalsteelspieler Donnie Herron, der im Laufe des Abends auch immer mal Elektrische Mandoline und einmal auch Banjo spielte, begab sich an die Violine. Am Ende kam Bob nochmal mit Harp in die Mitte und man spielte ein richtig geiles Outro, aber wirklich richtig klasse. Die Akkordfolgen waren wirklich super, ob sie das jeden Abend so machen oder ob es spontan war weiß ich nicht aber es klang wirklich genial.
Man blieb kurz auf der Bühne stehen um sich den Beifall abzuholen und dann waren sie auch schon wieder weg. Durch den frühen Beginn war es immer noch hell aber das war egal da Bob sowieso keine Lightshow hat. Die Leute waren begeistert und selbst Fans die ihn schon zigmal gesehen haben meinten "heute war es einfach nur geil".
Fazit: Bob war in bester Spiellaune. Mehr als einmal spielte er schräge Soli auf dem Keyboard die aber trotzdem irgendwie passten und man sah ihm richtig den Spaß an. Die Band spielte treibend nach vorne und bot mitreißende Versionen der Songs. Von Drummer George Recile abgesehen blieben die anderen eher im Hintergrund. Einzig Pedalsteelspieler Donnie Herron wechselte als mal die Instrumente und war viel am lachen. Während Gitarrist Lead-Charlie Sexton als mal ein bisschen aus sich raus ging, gerade wenn er im Wechsel mit Bobs Keyboard ein paar tolle Sachen spielte, war Rhythmusgitarrist Stu Kimball eher im Hintergrund und hielt mit Bassist (und musikalischem Leiter der Band) Tony Garnier (nein, nach ihm wurde nicht die Halle in Lyon benannt) alles zusammen. Tony und die anderen schauten oft sehr konzentriert auf Bob und einige Sachen schienen sich auf der Bühne zu entwickeln. Man hatte den Eindruck man schaue ihn beim Proben zu. Die Setlist selbst liest sich ja schon fast wie ein Wunschkonzert. Wenn man es so beschreiben will dass man bei einem Dylan Konzert quasi Lotto spielt dann hatten wir 6 Richtige mit Zusatzzahl.