Mini15 hat geschrieben:
Man sollte dazu mal die Filmemacher und Schauspieler befragen. Da sieht die Meinung bestimmt anders aus. Zumindest, wenn sie noch einen künstlerischen Anspruch haben.
ich könnte mir aber auch vorstellen, dass irgendwelche dumpfen Darsteller noch nie über so etwas nachgedacht haben.
Wie überall dürfte es auch hier sonne und solche geben. Es gibt ja immer wieder Filmschaffende, die ihre eigenen Firmen gründen, um die Kontrolle über ihre Werke zu gelangen. Erster großer Fall war 1919 die United Artists - gegründet von Charlie Chaplin, Mary Pickford, Douglas Fairbanks jr. und David Wark Griffith (zugegeben, alle vier Namen hätte ich nicht herunterbeten können - das Internet macht's möglich).
Es ist auch eine Frage der Macht. Bei Leuten wie James Cameron und Ridley Scott kannst Du davon ausgehen, dass ihre Werke so ins Kino kommen, wie sie sich das vorstellen, wobei gerade Scott die Marktmechanismen sehr gut durchschaut hat, in bare Münze umsetzen kann und dies auch tut (siehe die Schnittvarianten zu Blade Runner).
Ein vom Film Getriebener war sicher auch Stanley Kubrick (einer der größten Regisseure, wenn nicht der größte). Aber was für ein geringes Oeuvre hat der abgeliefert - 13 Langfilme. Die meisten dürften genau die Filme sein, die er machen wollte (die Auftragsarbeit „Spartacus“ war wohl eher ein Kirk-Douglas-Film, und ob seine Frühwerke vor „Paths of Glory“ exakt seiner Intention entsprachen, kann ich nicht sagen, „Fear and Desire“ etwa hat er ja unter Verschluss gehalten). Wer weiß, ob er in seiner Laufbahn nicht 50 Regiearbeiten abgeliefert hätte, wenn er den Studios mehr Mitspracherecht eingeräumt hätte? Aber ob er dann heute so eine Legende wäre? Schnittfassungen ausländischer TV-Sender wären ihm allerdings womöglich trotzdem egal. Hoppla - ich spekulier' schon wieder. Wir sind doch hier nicht beim Fußball, Kotelette!
Andere, vielleicht Schauspieler aus der zweiten Reihe, sehen ihren Beruf nicht nur als Berufung, sondern auch oder gar in erster Linie als Lebensunterhalt. Auf die Schnelle fallen mir da Kaliber wie Donald Sutherland und Martin Sheen ein - tolle Schauspieler, die's nie ganz in die A-Liga geschafft, viele tolle Rollen, aber auch viel Dutzendware abgeliefert haben. Denen dürften verschiedene Schnittfassungen wurst sein, zumal sie gar nicht die Möglichkeit hätten, sie zu beeinflussen.
Manche Regisseure ziehen sich auch in den Independent-Bereich zurück, weil sie dort zwar mit geringeren Budgets auskommen müssen, aber immerhin mehr Einfluss aufs Endprodukt haben.
Die heutige Verwertungskette eröffnet natürlich auch Möglichkeiten. Wenn ein Regisseur sich überlegt, dass die Wunschfassung seines Films im Zeitalter von Flachbild-Fernsehern und Blu-rays im Heimkino in guter Qualität zu bewundern sind, fällt ein Kompromiss für die Kinoauswertung leichter. Beispiel Frank Darabont und „The Mist“: Der Mann hatte Bock auf die SW-Fassung, aber eingesehen, dass die Mehrzahl der Kinogänger darauf vermutlich nicht abfährt. Also kommt die Wunschfassung eben in die Collector's Edition - ein paar Filmfans werden sie schon schauen (z. B. ich). Oder Gewaltszenen. Wenn man viele Leute ins Kino locken will, braucht's im Zweifel 'ne niedrigere Freigabe. Kein Problem - unrated kommt fürs Heimkino. Dass mit Kurz- und Langfassungen, Director's Cuts und Extended Cuts auch viel Schindluder getrieben wird - keine Frage. Schon finster, wie lange sich Warner mit den Langfassungen vom Herrn der Ringe Zeit lässt (ich weiß, Geronimo - nicht lange genug).